Heute setzt er die Jugendlichen unter Strom
David Krättli schluckte leer, als sich ein Jugendlicher zu einem Fotoworkshop anmeldete. Er kannte ihn vom Unterricht. «Uiui», dachte er, «das könnte streng werden.» Doch es kam anders: Der Junge hatte ein Flair fürs Fotografieren. «Er hat es sogar geschafft, einen mit den Flügeln schlagenden Schmetterling scharf abzubilden», schwärmt Krättli. Mitzuerleben, wie ein Jugendlicher ein Talent entdeckt und merkt «Wow, darin bin ich gut!», sei etwas vom Schönsten an seinem Job als Jugendarbeiter.
Klassische Cevikarriere
David Krättli kam schon mit Jugendarbeit in Berührung, als er in Buchs aufwuchs. «Ich habe mit dem Cevi begonnen und eine klassische Leiterkarriere gemacht», erzählt er. Nach der Konfirmation begann er sich auch für die Kirche zu interessieren. «Ich half im Konflager mit und hatte Freude daran.» Ob im Cevi oder in der Kirche: Krättli wurde schon früh viel Verantwortung übertragen, und er nahm sie gerne wahr. Mit der Kirche hatte er aber auch seine Mühe: «Ich merkte: Einfache Antworten auf Glaubensfragen ‹verhebed nöd›. Ich war eher agnostisch und atheistisch unterwegs», erinnert er sich. Später unterhielt er sich mit dem Diakon und dem Pfarrer über diese Fragen, las Bücher von Hans Küng. «Da merkte ich: Es gibt auch intelligente Theologie.»
Kein geborener Handwerker
Gleichzeitig stellte David Krättli fest, dass ihm sein Beruf – er hatte eben die Lehre als Elektroinstallateur abgeschlossen – nicht gefiel: «Ich wusste: Als Stromer werde ich nicht alt.» So sah er sich nach Alternativen um. Nach einem halbjährigen Praktikum in der Kirchgemeinde Buchs bildete er sich am Theologisch-Diakonischen Seminar in Aarau zum Diakon aus. «Ich wollte einen Beruf ausüben, bei dem ich jeden Tag gerne aufstehe und zur Arbeit gehe», sagt er.
Die Begeisterung hat bis heute nicht nachgelassen. Der 31-Jährige strahlt vor Freude, als er vom Konflager im Verzascatal erzählt, aus dem er eben zurückgekehrt ist. «Wir konnten letztjährige Könfler als Leiterinnen und Leiter mitnehmen. Sie haben mitgearbeitet, Workshops geleitet und eine Hammerstimmung reingebracht», schwärmt er. So kann er als Jugendarbeiter umsetzen, was er selbst als Jugendlicher im Cevi so positiv erlebt hat: Jugendliche einbinden, ihnen Verantwortung übergeben, sie befähigen. Das steckt an: Auch von den diesjährigen Könflern bekunden fast alle Interesse, nächstes Jahr als Leiterinnen und Leiter mitzuhelfen.
Uznach mit Uzwil verwechselt
Nach der Ausbildung zum Diakon wurde Krättli als Jugendarbeiter von der Kirchgemeinde Uznach angeworben – eine Gemeinde, von der er zuvor noch nie gehört hatte und die er zuerst mit Uzwil verwechselte. Doch sie erwies sich als Glücksfall: «Wir haben den Vorteil, dass wir hier zu dritt mit Jugendlichen arbeiten: Diakonin Anita Mazenauer, Pfarrer Daniel Giavoni und ich», erläutert der Jugnedarbeiter. Die Zusammenarbeit im Team schätze er sehr. «Wenn man einander kennt und sich aufeinander verlassen kann, ist das goldwert.»
Die Zusammenarbeit findet auch über die Konfessionsgrenzen hinweg statt. So hat der katholische Kollege ein «Mister X» vorbereitet, bei dem Krättli mit «seinen» Jugendlichen mitmachen konnte. Umgekehrt bereitete Krättli ein Survival-Weekend vor und der katholische Kollege unterstützte ihn. Über den Pfefferstern (siehe Seite 4) können Jugendliche Erlebnisprogramme buchen – auch in Nachbargemeinden oder bei den Katholiken – und so Punkte als Konfirmationsvorbereitung sammeln. «So kann eine reformierte Jugendliche ein Erlebnisprogramm mit ihrer besten Freundin besuchen, die katholisch ist», erläutert Krättli. «Das senkt die Hemmschwelle und verbessert die Gruppendynamik.» Und je besser die Dynamik, desto mehr rücken die Punkte in den Hintergrund. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer, die im Konflager im Verzascatal mitleiteten, brauchten gar keine Punkte mehr. «Wenn die Jugendlichen nur noch kommen, weil sie müssen», hält Krättli fest, «ist etwas schief gelaufen.»
Heute setzt er die Jugendlichen unter Strom