Das Herz öffnen, statt neue Angebote schaffen
Vor eineinhalb Jahren debattierte die Synode der St. Galler Kirche lebhaft darüber, ob eine kantonale Arbeitsstelle für Menschen mit Beeinträchtigung geschaffen werden solle. Das Vorhaben fand eine deutliche Mehrheit. Im September 2023 trat Caroline Naeff dann die neu geschaffene Stelle an. Die Sozialpädagogin aus Thal-Lutzenberg kam schon von Klein an mit Menschen mit Beeinträchtigung in Kontakt. «Meine Tante hatte eine kognitive Beeinträchtigung und konnte nicht sprechen», erinnert sie sich. Die Tante sei oft bei ihnen zu Besuch gewesen. Diese Erfahrung habe sie geprägt: mitzuerleben, wie sie – bei allen Schwierigkeiten – selbstverständlich einfach dazugehörte zur Familie.
Kirchgemeinden Begleiten
Worin besteht denn nun konkret Caroline Naeffs Tätigkeit in der St. Galler Kantonalkirche? «Meine Arbeit ist eine grüne Wiese, die ich füllen kann», sagt sie. Sie sei im Austausch mit Andreas Barth, ihrem katholischen Pendant. «Ich kümmere mich auch um die Schulgottesdienste der Stiftung Kronbühl in Wittenbach und der Sprachheilschule in St. Gallen.» Zudem organisiere sie Anlässe im Rahmen der Aktionstage Behindertenrechte. Weitere Angebote seien aber nicht geplant. «Wichtiger ist es, Kirchgemeinden zu begleiten, um ihr Angebot für Menschen mit Beeinträchtigung zugänglicher zu machen.»
Die Betroffenen direkt fragen
Dazu müsse man sich vernetzen, mit den Behinderteninstitutionen vor Ort, mit Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung. Und nicht zuletzt auf die Betroffenen selbst zugehen und sie fragen: «Was sind eure Bedürfnisse, wie stellt ihr euch einen Gottesdienst vor? Und wo könnt ihr mitwirken, beim Kirchenkaffee zum Beispiel?» Inklusion erfordere die Offenheit, auf Menschen einzugehen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. «Dies geschieht in kleinen Schritten; der kleinste beginnt in der Öffnung des eigenen Herzens.» Es gehe nicht darum, spezielle Anlässe für Menschen mit Behinderung zu organisieren, sondern darum, dass es normal sei, dass sie dabei seien. «In Rorschach beispielsweise besuchen Menschen mit Beeinträchtigung das Cevi-Kino, ohne dass es speziell auf sie ausgerichtet ist.»
Das Herz öffnen, statt neue Angebote schaffen