«Wir sind dankbar für sein Beispiel»
Nach den Attentaten vom 11. September 2001 warnte der damalige Bischof Ivo Fürer vor Pauschalurteilen und rief zur Achtung des Islam auf. So lernten sich Hisham Maizar und Ivo Fürer kennen und schätzen. Bis dahin gab es auf muslimischer Seite keinen Ansprechpartner für einen koordinierten Dialog. Maizar wirkte darauf hin, dass die bisher lose organisierten islamischen Vereine sich im Dachverband islamischer Gemeinden Ostschweiz (Digo) zusammenschlossen. Sein Wirkungskreis vergrösserte sich zusehends, bis zuletzt war er im Kanton in gutem Kontakt mit den Kirchen und an vielen Anlässen, auch in grossen Festgottesdiensten, ganz selbstverständlich präsent. Auf schweizerischer Ebene war er Präsident der Föderation der islamischen Dachorganisationen (Fids) und Vorsitzender des Schweizerischen Rates der Religionen (SCR).
Hisham Maizar war der Erste, der den islamischen Gemeinden ein persönliches, aber auch ein politisches Gesicht gegeben hat. Er wurde geschätzt als ehrlicher, offener Gesprächspartner. Wir sind dankbar für sein eindrückliches Engagement in der Gesellschaft und seine überzeugende Art, seine Religion zu leben. Stets hat er den Dialog und die Verständigung der Menschen gesucht und gefördert, der Austausch mit anderen Religionsgemeinschaften war ihm ein echtes Anliegen. Geprägt hat ihn auch seine Biografie: ursprünglich aus Hebron und Jerusalem stammend, war der Vater von 3 Kindern lange Jahre mit einer Katholikin aus Österreich verheiratet und seit 1982 Schweizer Bürger. Als Arzt im Thurgau hat er vielen Menschen nicht nur fachlich, sondern auch durch sein freundliches Wesen sehr geholfen.
In Zeiten der zunehmenden Angst vor dem Islam (wobei die Angst eigentlich dem Islamismus gilt) in weiten Teilen der Gesellschaft, war er über viele Jahre für die Kirchen und Religionsgemeinschaften wie für die Politik ein unentbehrlicher Gesprächspartner und Vermittler. Hisham Maizar positionierte sich stets klar gegen jede Form von Gewalt und gegen radikale Tendenzen von Gruppen in der Schweiz und im Ausland.
Hisham Maizar wird uns als vertraute Ansprechperson im interreligiösen Dialog fehlen. Sein Vermächtnis ist uns Verpflichtung: den interreligiösen Dialog weiterzuführen. Seiner Familie und den islamischen Gemeinschaften, mit denen er verbunden war, kondolieren wir aufrichtig.
St.Gallen, 15. Mai 2015, Markus Büchel, Bischof von St.Gallen
Martin Schmidt, Präsident des Kirchenrates der evang.-ref. Kantonalkirche St.Gallen
Text: pd | Foto: as – Kirchenbote SG, Juni / Juli 2015
«Wir sind dankbar für sein Beispiel»