News aus dem Kanton St. Gallen
Ratgeber Glaubensfragen

Was passiert bei einem Segen?

von Pfarrerin Claudia Henne
min
18.02.2024
Leserfrage von M.F.: «Zum Jahresende war ich in einer Thomasmesse, ein Gottesdienst für Suchende und Zweifelnde. Ich fand spannend, dass da auch ein persönlicher Segen angeboten wurde, mit Handauflegung und Kreuzzeichen. Ich fand es bewegend, diesen Segen zu empfangen. Mir kamen sogar die Tränen. Jetzt frage ich mich: Was genau passiert eigentlich beim Segnen?» Pfarrerin Claudia Henne antwortet.
Claudia Henne, Spitalseelsorgerin Schaffhausen

Claudia Henne, Spitalseelsorgerin Schaffhausen

Unsere Kolumne zu Glaubensfragen. Haben Sie Fragen? Schreiben Sie Ihr Anliegen an die Redaktion, wir werden es gerne weiterleiten. redaktion@kirchenbote.ch

Liebe Frau F.

Sie haben eine besondere Form des Segens erlebt, die für Sie neu war und die in den traditionellen reformierten Gottesdiensten tatsächlich eher selten vorkommt. Der Gemeindesegen zum Schluss jedes Gottesdienstes ist hingegen für viele Gläubige ein dichter und intensiver Moment.

Ich glaube, in uns Menschen liegt «religionsunabhängig» eine grosse Sehnsucht nach Segen. Denn im Segen findet das Unverfügbare des Lebens Sprache und Raum. Wir befehlen im Segen Gott all die grossen, existenziellen Themen an, bei denen unsere menschlichen Grenzen deutlich werden: Geburt und Tod, Gesundheit, Frieden, Liebe. Und ganz ähnlich, wie Sie das schildern, erlebe ich auch als Spitalseelsorgerin immer wieder, wie Menschen von einem Segen innerlich berührt werden. Dabei begegne ich oft Menschen in Ausnahmesituationen. Eine Diagnose oder ein Verlust kann das Leben von einem Moment auf den anderen auf den Kopf stellen.

Gerade wenn sie solche Zäsuren erleben, wünschen Patientinnen und Patienten sich manchmal einen Segen. In einem Segenszuspruch kann sich etwas ereignen, was wir mit dem besten Gespräch nicht erreichen können. Es ist ein innerer Prozess des «Sichfallenlassens» in Gottes Zusage. Dabei bekommen wir eine neue, vertrauensvolle Kraft geschenkt, die uns hilft, den eigenen Weg weiterzugehen. Und oft erlebe ich, dass dabei Tränen fliessen oder sich ein Strahlen auf dem Gesicht ausbreitet.

Wir segnen einander im Wissen darum, dass Gottes Segen nie verfügbar ist, und gleichzeitig in der Zuversicht und im Vertrauen darauf, dass Gott uns und seiner ganzen Schöpfung sein Dasein, seinen Segen von allem Anfang an zugesprochen hat.

«Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein» – dieser Zuspruch, den Abraham zu Beginn seiner grossen Reise hört, soll auch uns ermutigen: Durch die Erfahrung des Segens können wir selbst zum Segen werden. Wie ein Gefäss, das reichlich gefüllt wird und überfliesst ins nächste Gefäss. Dabei ist gerade aus reformierter Sicht wichtig, dass der Segenszuspruch an kein Amt gebunden ist. Wir alle dürfen einander segnen und einander zum Segen werden.

In diesem Sinne: Bhüet Si Gott!

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