News aus dem Kanton St. Gallen

Symbolkraft statt Smaragde

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26.08.2020
An Brustkreuzen mangelt es Bischof Markus Büchel nicht – er bevorzugt das silberne Ulrichskreuz.

Ein Griff in den St. Galler Domschatz, und schon prangt ein saphir- und smaragdbesetztes goldenes Kreuz an der Brust des Bischofs. Das war einmal. «Ich ziehe kein Kreuz an, zu dem ich keine Beziehung habe», sagt Markus Büchel. Er trägt ein einfaches, silbernes Ulrichskreuz – ein Geschenk mit viel Symbolkraft.

 

Dieser Ulrich war von 900 bis 908 Klosterschüler in St. Gallen, ehe er 923 Bischof von Augsburg wurde. Bischöfe übten damals auch eine politische Funktion aus, und als die Hunnen einfielen, soll der Legende nach Ulrich während der Lechfeldschlacht von einem Engel ein Kreuz dargereicht worden sein. Er hielt es hoch, sprach den Soldaten Mut zu, bis der Kampf gewonnen war. Hier schlägt Bischof
Markus den Bogen zurück nach St. Gallen, zu Wiborada, der in einer Vision der Ungarn-Einfall offenbart wurde. Darauf riet sie dem Konvent, zu fliehen. Sie selbst blieb in ihrer Klause zurück und starb den Märtyrertod. «Schliesslich waren Wiborada und Ulrich die Ersten überhaupt, die von der Gesamtkirche heilig gesprochen wurden», sagt Büchel. Es sei nicht so, dass die beiden Heiligen in St. Gallen vergessen gingen, im Gegenteil. Der Name der Einsiedlerin ist allgegegenwärtig, und der Wettersegen, der mit Partikeln der Kreuzreliquie erteilt werde, erinnere an Ulrich.

Holz vom Kreuz Jesu
Denn der Sieg auf dem Lechfeld wurde nicht nur dem Wunder mit dem dargereichten Kreuz, sondern auch Ulrichs Pektorale (Brustkreuz) zugeschrieben. Es zeigt Johannes und Maria sowie den Gekreuzigten, aber nicht am Kreuz, sondern am Lebensbaum. Und: Im Pektorale von Bischof Ulrich soll ein Stück Holz vom Kreuz Jesu eingefasst sein. Eine Nachbildung dieses Siegeskreuzes bekam Markus Büchel einst geschenkt.Und als er am 4. Juli 2006, dem Tagdes heiligen Ulrich, vom Domkapitel zum Bischof gewählt wurde und er die Ausgestaltung des Stabes und eines liturgischen Kreuzes wählen durfte, war für ihn klar, dass ein städtischer Goldschmied «sein» Ulrichskreuz als liturgisches Pektorale gestalten soll. Diesmal in Gold. «Ich habe nie gedacht, dass ich einmal Bischof werde, geschweige denn am Festtag des heiligen Ulrich.»

Lebensbaum
Entscheidend für Bischof Markus ist nicht der Wert des Materials, sondern die Symbolkraft des Kreuzes. «Das Kreuz, dargestellt als Lebensbaum, das Frucht bringt und Erlösung schenkt, hat für uns Christen eine neue Dimension eröffnet», sagt der 71-Jährige, der seit der Weihe auch einen Ring mit Kreuz trägt, ohne Edelstein, geschweige denn mit einem Siegel. 

«Es zählt auch hier die Botschaft des Kreuzes, die uns verbindet: Jesus hat uns durch seinen Tod einen neuen Weg der Hoffnung und des Lebens erschlossen. Die Menschen dabei zu begleiten, gehört zu meiner Aufgabe.» 

 

Text | Foto: Katharina Meier  – Kirchenbote SG, September 2020

 

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