St. Galler Synode wählt neue Kirchenschreiberin
An der Synode vom 9. Dezember 2024 schlug der Kirchenrat die 47-jährige Gossauer Juristin Kai Kellenberger als neue Kirchenschreiberin vor. Davor stellte Kellenberger sich den kritischen Fragen der Synodalen. Zu reden gab, dass Kellenberger in den letzten Jahren mehrfach die Stelle gewechselt hatte und erst vier Tage vor der Wahl der reformierten Kirche beigetreten war. Mehrere Synodale bezweifelten, dass sie das kirchliche Leben gut genug kenne. Andere strichen ihre juristischen Kenntnisse und ihre Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung hervor. Kellenberger studierte Religionsrecht und leitete während 12 Jahren den Rechtsdienst des St. Galler Migrationsamtes.
Gegenüber dem «Kirchenboten» sagte Kellenberger, durch ihre Familie habe sie durchaus Berührungspunkte mit der Kirche. Ihr Schwiegervater sei in der Kirchgemeinde engagiert gewesen, ihre Tochter sei auf dem «Konfweg». «Ich bin in calvinistisch geprägtem Umfeld im Berner Jura gross geworden», sagte sie den Synodalen, «in einem Elternhaus, das Wert darauf gelegt hat, dass der Kirchenbeitritt bewusst und selbstbestimmt erfolgt.» Diesen Schritt habe sie nun gemacht.
Nach längerer Diskussion wählte die Synode Kai Kellenberger mit einer deutlichen Mehrheit von 103 Ja- zu 24 Nein-Stimmen als Kirchenschreiberin. Sie wird die Kanzlei der Kantonalkirche führen. Die Aufgaben sind vergleichbar mit denen einer Generalsekretärin. Kellenberger tritt Ende März die Nachfolge von Markus Bernet an, der dieses Amt beinahe 31 Jahre lang ausübte und mit stehenden Ovationen verdankt wurde. Er wird aber noch nicht pensioniert, sondern steht Kirchgemeinden und der Kantonalkirche voraussichtlich noch zwei Jahre beratend zur Verfügung.
Diakonie wird aufgestockt
Als weiteres Traktandum beantragte der Kirchenrat, die Stellenprozente der Arbeitsstelle Diakonie für den Schwerpunkt Alter von 60 auf 120 zu verdoppeln. «Diakonie, der Dienst am Mitmenschen, ist seit je ein Kernthema der Kirche», begründete Kirchenrätin Annina Policante. «Die aktive Teilnahme von älteren Menschen am Gemeindeleben wollen wir fördern und Möglichkeiten schaffen, damit sie ihre Gaben und Fähigkeiten weiter einbringen können.»
Kritisiert wurden die zu erwartenden Mehrkosten. «In den letzten Jahren wurden in der Kantonalkirche rund 300 Stellenprozente geschaffen», sagte Gisela Bertoldo (St. Gallen Centrum). Sie könne nur zustimmen, wenn gleichzeitig ein Plan bestehe, die Stellenprozente an anderen Orten wieder einzusparen. Ähnlich argumentierte Trix Gretler (Mittleres Toggenburg): Die Kantonalkirche verliere Mitglieder, schaffe aber immer mehr Stellen. Das gehe nicht auf. Kirchenratspräsident Martin Schmidt erwiderte, es könne auch Einsparungen bringen, Aufgaben zu zentralisieren, «damit nicht jede Kirchgemeinde alles alleine machen muss.»
Fehlende Strategie kritisiert
Mehrere Synodale vermissten eine klare Strategie des Kirchenrates. «Mir fehlt die Strategie», sagte etwa Virginia Müller (Buchs). «Es steht in der Vorlage: ‹Wir wollen ein Kompetenzzentrum für Alter sein.› Sollen wir nicht ein Kompetenzzentrum für Kirche sein?» Die Synode müsse strategisch entscheiden, forderte auch Rita Dätwyler (St. Gallen Straubenzell). «Wir können das Kompetenzzentrum machen. Wir müssen uns aber gleichzeitig überlegen, wo wir in den nächsten Jahren Einsparungen vornehmen.» Schliesslich stimmten 89 Synodale für die Stellenaufstockung, 34 votierten dagegen.
Pfarrer: keine Unterrichtspflicht
In zweiter Lesung verabschiedete die Synode schliesslich die Revision des Abschnitts «IV. die lernende Gemeinde» der Kirchenordnung. Sie strich dabei mit deutlicher Mehrheit einen Passus, der Pfarrpersonen verpflichten wollte, ein Mindestpensum im Bereich «Lernende Gemeinde» wahrzunehmen. Die Synodalen hatten sich bereits an der Sommersynode gegen diese Verpflichtung ausgesprochen, der Kirchenrat hatte sie aber in der zweiten Lesung erneut beantragt. Die Revision tritt nach Ablauf der Frist des fakultativen Referendums am 1. August 2025 in Kraft.
Keine Diskussionen gab es zum Budget. Der Voranschlag für das Jahr 2025 sieht einen Rückschlag von rund 230 000 Franken bei der Zentralkasse und von 1.12 Millionen Franken beim Finanzausgleichsfonds vor.
St. Galler Synode wählt neue Kirchenschreiberin