Seelsorge ahoi! Ein offenes Ohr für die Rheinschiffer
Diesel hat er nicht im Blut. Ganz im Gegenteil. Als passionierter Velofahrer und GA-Inhaber hat er auch nie eine Autoprüfung gemacht. Aber trotz eigener fossiler Treibstoff-Abstinenz zog es Uwe Weinhold schon vor vierzig Jahren im Rahmen seines Diakonie-praktikums in den Basler Rheinhafen, sozusagen genetisch bedingt. Sein Grossonkel war Schiffer. Kein Wunder also, dass es Weinhold als 20-Jähriger zum Spitzenruderer brachte. «Wasser ist noch heute mein Element.»
Beim Casting für den Kapitän der sieben Weltmeere würde es Uwe Weinhold mit seinem Seebär-Vollbart zweifellos in die engere Auswahl schaffen. Soeben kommt er zurück von einer Abdankung auf dem Rhein. «Wir haben gerade von Zorro, einem ehemaligen Hochseeschiffer, Abschied genommen. Seine Familienangehörigen streuten die Asche und Rosenblätter aufs Wasser. Unvermittelt flossen Tränen. Ein berührender Moment – auch für mich. Noch an Pfingsten durfte ich zusammen mit Zorro in einer Radiosendung zum Alltagsleben der Schiffer in den 1980er-Jahren mitwirken. In dieser Sendung hat Zorro eindrücklich geschildert, wie er auf dem Meer einmal in einen derart heftigen Sturm mit meterhohen Wellen geriet und ihm schlagartig bewusst wurde, dass Gott ihn nun entweder untergehen lassen oder retten könne.
Keine frommen Schwätzer
Seit einem Jahr ist Weinhold – ehrenamtlich notabene und zusammen mit seinem Kollegen Alex Wyss von der römisch-katholischen Kirche – im Schnitt ein bis zwei Tage pro Monat wieder am Auhafen in Muttenz und am Basler Rheinhafen in Sicherheitsschuhen, mit einer Rettungsweste und einem Helm anzutreffen. «Das ist unsere Arbeitskleidung. Nur so dürfen wir auf die Schiffe», sagt er mit einem Schmunzeln. Er verstehe die Tätigkeit als «aufsuchende Seelsorge». Die Religion spiele kaum eine Rolle. «Es geht mir nicht darum, die Menschen zum Glauben zu bekehren – wir sind alles andere als fromme Schwätzer. Aber falls die Schiffer es möchten, überlassen wir ihnen ein kleines Heft mit Schiffergebeten.»
Die Schiffer erzählen den Seelsorgern, was sie beschäftigt. Das könne etwas aus dem Beruf oder dem Privatleben sein. Spannend sei es immer. «Schon seit jeher habe ich mich mehr für die Büezer als für die gescheit Daherredenden interessiert. Salbungsvolle Predigten halten wir jedenfalls nicht», sagt Uwe Weinhold.
Trauriges und Erfreuliches
Es sei im Übrigen das Verdienst von Walter Schär, seinem Mentor, dass es die Schifferseelsorge noch immer gibt. Die Wurzeln dieses Dienstes reichen zurück in die Zwischenkriegszeit. «In den Krisenjahren zwischen den beiden Weltkriegen fielen der Basler Stadtmission am Hafen viele Schiffe auf, deren Besatzung – häufig Familien – am Hungertuch nagte», erklärt Weinhold. Dies sei der Anfang der kirchlichen Bemühungen gewesen, sich um die Schiffsleute in Basel zu kümmern.
Vor vierzig Jahren sei man mit Deutsch noch gut über die Runden gekommen. «Heute wären neben Holländisch, Französisch und Englisch auch Kenntnisse der slawischen Sprachen von Vorteil», sagt Uwe Weinhold.
Als Nächstes freut er sich, kraft seines Amtes ein neues Frachtschiff auf den Namen «Basilea» taufen zu dürfen. «Während unserer Einsätze erleben wir neben Traurigem glücklicherweise auch viel Erfreuliches.»
Seelsorge ahoi! Ein offenes Ohr für die Rheinschiffer