News aus dem Kanton St. Gallen

Pflegen, helfen, betreuen

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21.09.2020
Zehn Jahre Zivis in der St. Galler Kirche: Es wäre zu einfach, zu glauben, sie drückten sich vor dem Militär. Im Gegenteil, sie dienen der Gesellschaft.

4600 geleistete Diensttage in rund 80 Zivi-Einsätzen, welche immer häufiger in Kirchgemeinden geleistet werden: So lassen sich die zehn Jahre der St. Galler Kirche als Einsatzbetrieb für den Zivildienst resümieren. Sowohl die Kirchgemeinden wie auch die Zivis sind mit den Einsätzen zufrieden.

Abwechslungsreiche Arbeit, angenehmes Team und ein spannender Einblick in innovative Projekte: So brachte Michael Walder aus Altstätten seinen Einsatz bei der Kirche auf den Punkt. Er war 2009 der Erste, der seinen Zivildienst bei der Kantonalkirche antrat, kurz nachdem diese vom Bund die Zulassung als Einsatzbetrieb erhalten hatte. Seit Juli 2013 können auch Kirchgemeinden Zivis beschäftigen, was sie vermehrt tun: Gegen 50 junge Männer leiteten schon Lager mit, halfen im Kirchenbistro, empfingen Jugendliche im Treff, unterstützten die Lebensmittelabgabe oder begleiteten Kinder beim Kerzenziehen. Allein 2019 unterstützen Zivis die St. Galler Kirche im Umfang von 1000 Diensttagen.

Einsatz in Kirchgemeinden

14 Kirchgemeinden haben schon Zivis beschäftigt. Sie sind froh um die Mithilfe und um die Erfahrung, welche Zivis mitbringen. «Remo war mit seiner langjährigen Erfahrung als ehemaliger Pfadfinder in unserem Kindersommerlager eine wichtige Unterstützung», sagt Mirjam Schoch, Jugendarbeiterin der Kirchgemeinde St. Gallen Centrum. Sie hatte schon mehrfach einen Zivi ins Lagerteam genommen. Aber auch für die jungen Männer ist der Einsatz bei der Kirche nicht nur Pflicht. Sebastian Müntener, der 2018 seinen Dienst bei der Kirchgemeinde Buchs leistete, empfand die Vielfalt der Tätigkeiten bereichernd. «Ich habe viel über den Umgang mit Menschen gelernt und mich weiterentwickeln können.» Bei der Arbeit mit Flüchtlingen habe er nicht nur andere Kulturen kennengelernt, sondern auch einen Beitrag an die Integration leisten können.

Aus allen Teilen des Kantons St. Gallen
Die Männer – vom eben ausgebildeten Bankfachmann über den Videojournalismus-Studenten bis zum Leiter eines Heims für straffällige Jugendliche – kamen aus allen Teilen des Kantons St. Gallen und darüber hinaus. Schweizweit waren im vergangenen Jahr 19 315 Zivis im Einsatz. Die Zahl der Zulassungen nahm im Vergleich zum Vorjahr leicht ab. Insgesamt 80 Prozent der Diensttage kamen der Pflege und Betreuung von Menschen zugute. Zu diesem Bereich gehören auch die Einsätze bei der Kirche.

Militär oder Gefängnis
Bis 1996 mussten Schweizer Männer, die nicht ins Militär wollten, ins Gefängnis. Sie gelten bis heute als vorbestraft. Inzwischen besteht eine legale Möglichkeit, ausserhalb der Armee Dienst zu leisten: Wer aus Gewissensgründen nicht Soldat werden will, kann Zivildienst leisten. Dieser dauert eineinhalbmal so lange wie der Militärdienst. Was zunächst noch als «Ersatzdienst» bezeichnet worden war, wurde immer mehr als Dienst an der Gesellschaft verstanden. Evangelische Kirchen der Schweiz waren massgeblich beteiligt, diese Alternative zum Militärdienst zu schaffen. Was Kirchen als Einsatzbetriebe angeht, sind die Kantonalkirchen St. Gallen und Zürich führend in der Schweiz.

 

Text: Markus Naef, Beauftragter für Junge Erwachsene und Nachwuchsförderung Kirchenberufe, Kantonalkirche St. Gallen / Foto: Gaëtan Bally  – Kirchenbote SG, Oktober 2020

 

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