Mit Jugendlichen auf Augenhöhe
«Ich lerne viel von den Kindern und Jugendlichen», sagt Ladina Kamber. «Einmal habe ich miterlebt, wie zwei Mädchen im Girls-Club ein anderes Mädchen getröstet haben. Sie hatten gute, praktische Ideen und Tipps, das hat mich echt beeindruckt.»
Modeschau und Wasserschlacht
Der Girls-Club ist eines der Angebote, die Ladina Kamber verantwortet – ihr liebstes. An einem Freitagabend pro Monat treffen sich Mädchen von der vierten bis sechsten Klasse im Kirchgemeindehaus von 18.30 bis 20.30 Uhr. Das Programm gestaltet Ladina Kamber «partizipativ», sprich, mit den Mädchen zusammen indem sie nach ihren Wünschen fragt. So entstand mal eine Modeschau.
Ein andermal haben sie Steine angemalt oder eine Wasserschlacht gemacht. Und einmal im Jahr übernachten sie im Kirchgemeindehaus. Im November wurden sie angefragt, ob sie am Fasnachtsumzug mitmachen möchten. Dies haben sie gemeinsam besprochen, hatten viele Ideen und kamen zum Schluss, dass sie dabei sein möchten. Anschliessend fragte Ladina Kamber die Eltern an, ob ihre Töchter mitmachen dürfen.
Teilnehmerzahl vervielfacht
Am letzten Girls-Club des Schuljahres erhalten die Sechstklässlerinnen jeweils einen Brief von Ladina Kamber mit Informationen über Freizeitangebote der Gemeinde sowie der reformierten und der katholischen Kirche. Zudem werden sie angefragt, ob sie im Girls-Club als Hilfsleiterinnen mitarbeiten möchten. Dieses Schuljahr hat die 26-jährige Jugendarbeiterin drei Hilfsleiterinnen: zwei aus der achten Klasse und eine 19-Jährige. «Sie hat den Girls-Club zusammengehalten und mich eingeführt», schaut Ladina Kamber zurück. Das war vor rund zweieinhalb Jahren. Damals waren ungefähr fünf Mädchen dabei, mittlerweile sind es meistens zwischen zehn und zwanzig Teilnehmerinnen.
Als Ladina Kamber im Frühling 2021 im letzten Semester ihres Bachelorstudiums in Sozialer Arbeit war, suchte sie sich eine Teilzeitstelle, weil sie das Masterstudium praxisbegleitend absolvieren wollte. Sie las die Stellenausschreibung der reformierten Kirchgemeinde Thal-Lutzenberg für eine Jugendarbeiterin und dachte: «Das bin ja ich!» Trotzdem habe sie sich gefragt, ob sie die richtige Person sei, weil sie keine theologische Ausbildung habe und kirchenfern aufgewachsen sei. Sie lacht und sagt: «Ich bin theoretisch katholisch.» Ladina Kamber ist Mitglied der katholischen Kirche, sie ist in den Religionsunterricht gegangen und wurde gefirmt. Am Sonntag hätten sie zwar zu Hause eine Kerze angezündet und ein christliches Lied gesungen und beim Abschied einander «De lieb Gott isch mit dir» gesagt, aber das sei schon alles gewesen. Dass die Kirche auch vieles für Kinder macht, habe sie als Kind nicht mitgekriegt.
Bei theologische Fragen verweist sie an Pfarrerin
Nun sorgt sie als Jugendarbeiterin selber dafür, dass Kinder und Jugendliche auf ihre Kosten kommen. Abgesehen vom Girls-Club gehören beispielsweise auch das Krippenspiel, Kirche Kunterbunt sowie Tagesangebote in den Herbst- und Frühlingsferien zu ihren Aufgaben. Wenn sie bei einer biblischen Geschichte nicht weiss, wie sie diese verstehen soll, holt sie sich Unterstützung bei der Pfarrerin. Wenn die Kinder ihr eine theologische Frage stellen, antwortet sie offen, sie sollen mit dieser Frage besser zur Pfarrerin oder zur Religionslehrperson gehen.
Was möchte sie «ihren» Kindern und Jugendlichen mit auf den Weg geben? Sie wolle «einen Raum schaffen, in dem sie einfach sein dürfen und Selbstwirksamkeit erleben. Wertschätzung, Freude, sich gegenseitig respektieren und voneinander lernen.» Da ist sie wieder: diese Augenhöhe.
Mit Jugendlichen auf Augenhöhe