Mit der Glocke schwingen
Seit 1985 arbeitet Ernst Wälle als Mesmer in Ebnat-Kappel. Bei seiner Arbeit kamen immer wieder Menschen vorbei, die von früher erzählt haben, als die Glocken noch von Hand geläutet wurden. Im fiel auf, dass die inzwischen älteren Herren durch den Einsatz als «Läuterbuben» ein inniges Verhältnis zu den Glocken entwickelt haben. «Sie wussten genau, welche Glocke für welchen Anlass erklingt und sie konnten die jeweilige Glocke an ihrem Klang erkennen.»
Ernst Wälle wurde sich bewusst, dass die Mechanisierung des Geläuts auch ein Verlust darstellt. «Ich begann mir zu überlegen, ob es nicht möglich ist, etwas davon zurück zu gewinnen.» Schon bei der Renovation der Kappeler Kirche 1993 hatte er in der Vorsteherschaft die Idee vorgebracht, doch damals war zu viel anderes zu erledigen.
Anfang mit der Frauenglocke
Hoffnung kam auf durch eine Begegnung mit Max Bretscher aus Krinau, der die Glocken der Kirchen wartet. Er konnte sich sogleich für die Idee erwärmen und besass auch das handwerkliche Geschick, wenigstens mit einer Glocke, der «Frauenglocke», das Handgeläut wieder zu ermöglichen. Dieser Versuch überzeugte die Vorsteherschaft. Sie bewilligte 3000 Franken und auch die Kantonalkirche unterstützte das Projekt. Durch den Einsatz von Max Bretscher war es möglich, bald alle vier Glocken von Hand zu läuten, und zwar auf einem Boden im Turm, der für fast 30 Personen Platz bietet. Am 12. September 2009 konnte das Pionierprojekt der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Eine Tradition
Bereits ist das Handläuten an Silvester zur festen Tradition geworden. Immer mehr Leute, Schulklassen, Vereine usw., kommen vorbei, um als Gruppe zu läuten natürlich im Rahmen des Läutplans, der auf der Website von Ebnat-Kappel veröffentlicht ist. Ernst Wälle hofft, dass bald auch junge Leute in der Kirche vorbeischauen und erzählen, wie sie sich durch das Handläuten den Glocken verbunden fühlen.
Text: Andreas Schwendener l Bild: Elisabeth Scherrer – Kirchenbote, Februar 2011
Mit der Glocke schwingen