News aus dem Kanton St. Gallen

Kupis Wunsch nach dem eigenen Koch

von Christof Lampart
min
25.06.2024
«Weltoffen» wäre ein gutes Attribut, um zu beschreiben, wie Cornelia Kupi tickt und wie sie die Tagesstruktur Allee in Wil leitet. Geboren in Wien, kam «Conny» einst beim Reisen in Neuseeland, als sie als Nanny jobbte, auf den Geschmack, Kinder zu betreuen.

Auch privat ist ihr Umfeld multikulturell. «Mein Mann kommt aus Kenia», sagt sie. Er ist als Koch in einer Tagesstruktur in St. Gallen tätig, die älteste (Stief-)Tochter absolviert eine Lehre in einer Tagesstruktur in der Kantonshauptstadt. «Wir sind also eine Familie, die sich mit der Tagesstruktur, wie es sie bei uns gibt, wirklich identifiziert», lacht sie. Stress empfindet sie als Leiterin der Tagesstruktur Allee keinen, denn «mit Kindern zu arbeiten, ist für mich das Schönste». Entsprechend legt Kupi Wert auf eine behagliche Atmosphäre. «Aus wenig viel zu machen, liegt mir. So konnten wir mit einigen Abtrennungen Raum für die verschiedensten Aktivitäten schaffen.»

Zeit für einen Wechsel

Als sie 2003 in die Schweiz umsiedelte, arbeitete Cornelia Kupi in St. Gallen zuerst im Service, bevor sie ab 2008 bei einer Kinderkrippe in Teufen tätig war. Ab 2013 leitete sie den Mittagstisch in St. Gallen. «Wir fingen mit 25 Kindern an. Zuletzt waren es 120. Das wurde mir zu viel, weil ich immer mehr Administratives zu erledigen hatte und so nicht mehr richtig an die Kinder herankam», erinnert sie sich. Somit war es für Cornelia Kupi, die sich in ihren Jahren in St. Gallen als Sozialpädagogin weiterbildete, Zeit für einen Wechsel. Nach Wil.

Je mehr wir über die Familie Bescheid wissen, desto besser können wir auf das Kind eingehen.

Und tatsächlich geht hier in der Tagesstruktur Allee, hinter dem gleichnamigen Schulhaus, alles eine Spur gemächlicher zu und her. An fünf Werktagen kommen aktuell 43 Kinder hierher. Sie stammen aus 13 Ländern und werden von einem fünfköpfigen Team betreut. Und das in täglich vier Blöcken: von 6.30 bis 8 Uhr mit Morgenessen, von 11.40 bis 13.30 Uhr mit Mittagessen, von 13.30 bis 15.30 Uhr sowie von 15.30 Uhr bis 18 Uhr mit Zvieri. Das schulergänzende Angebot wird vom städtischen Bildungsdepartement angeboten. Auch Hausaufgaben können hier gemacht werden. «Wenn die Kinder Fragen haben, dann versuchen wir diese zu beantworten. Aber wir sitzen nicht bei ihnen und helfen aktiv bei den Hausaufgaben.»

Spitzentag ist übrigens der Freitag mit 21 Kindern. «Das lässt sich gut machen», findet Cornelia Kupi, zumal an die Gallusstrasse 6 nur die Erst- bis Drittklässler kämen. Die Viert- bis Sechstklässler besuchen derweil die Tagesstruktur im alten Polizeigebäude. 

Austausch mit Eltern

Es gibt aber aus Cornelia Kupis Sicht auch noch Verbesserungspotenzial. Ein regerer Austausch mit den Eltern wäre wünschenswert. «Je mehr wir über die Familie Bescheid wissen, desto besser können wir auf das uns anvertraute Kind eingehen», erläutert Kupi. Dass die Räumlichkeiten nicht allzu gross sind, sei zwar schade, aber nicht tragisch, denn auf der anderen Strassenseite liegt die Spielwiese des Alleeschulhauses. «Bei schönem Wetter können sie sich draussen austoben. Das hilft uns schon, wenn drinnen mal die Wogen hochgehen.» Das fünfköpfige Team gibt den Kindern aber kein Spielprogramm vor. Cornelia Kupi: «Sie sollen die vorhandenen Freiräume für eigene Ideen nutzen.»

Essen bleibt ein Reizthema

Emotional wird Kupi beim Thema Essen. Denn ihr gefällt nicht, dass das Leitungsteam nur das Salatbuffet frisch anrichtet, das Essen aber quer durch die Schweiz nach Wil angeliefert wird. «Für mich macht das ökologisch keinen Sinn, und ausserdem wiederholt sich der Menüplan mit der Zeit.» Dass die Menüs geliefert, gekühlt, gelagert und im Steamer aufgewärmt werden, ist gar nicht nach Kupis Gusto. «Könnte ich mir etwas wünschen, dann wäre das ein eigener Koch für die Tagestruktur. Oder zumindest einen Caterer aus der Nähe, der saisongerecht und frisch die Essen zubereitet.» Auch ein weiteres WC wäre sehr willkommen. «Wenn alle gleichzeitig die Zähne putzen wollen, bevor es wieder in die Schule geht, dann staut sich hier alles.» Um solche Probleme brauchen sich die Eltern nicht zu kümmern. Sie sind froh, wenn sie ihre Kinder in guter Obhut wissen. Und das sind sie. «Väter und Mütter scheinen mit unserer Dienstleistung zufrieden», so Kupi.

Unsere Empfehlungen

Die Belastung hat eindeutig zugenommen

Die Belastung hat eindeutig zugenommen

Der steigende Termindruck setzt den Menschen zu. Insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist schwierig. Doch nur mit einer effizienteren Organisation lässt sich das Problem nicht lösen. Gewisse Berufsgruppen sind besonders gefährdet.
«Alles war tot in mir»

«Alles war tot in mir»

Zweimal schlitterte Lea* in eine Erschöpfung. Heute ist sie ausgeglichen und steht mitten im Erwerbsleben. Ihre Vergangenheit begleitet sie aber immer noch.