Konsumgut zum Katalogpreis?
57 Amtshandlungen für Ausgetretene registrierte die Kantonalkirche 2022: fünf Trauungen, 52 Beerdigungen. Dabei liege es in der Gemeindeautonomie bzw. bei den Kirchenvorsteherschaften, Heiraten oder Beerdigungen zu ermöglichen oder nicht, bei Konfirmanden mit nicht kirchenzugehörigen Eltern die vollen Spesen bei Reisen und Weekends anzurechnen oder nur einen Teil davon, sagt der kantonale Kirchenschreiber Markus Bernet.
Keine Daten vorhanden
Welche Kirchgemeinde strikte gegen Amtshandlungen für Ausgetretene ist, lässt sich nicht eruieren. In Wil sind Amtshandlungen für Ausgetretene möglich. «Wir hatten 2022 fünf Beerdigungen», bestätigt Kirchgemeindeschreiber Markus Graf. Im Voraus werde jeweils klar kommuniziert, wie teuer die Nutzung der kirchlichen Infrastruktur und die Beanspruchung der kirchlichen Mitarbeitenden zu stehen kommen, so Graf. «Aus seelsorgerlicher Sicht handeln wir im Sinne der Hinterbliebenen und vielleicht werden so Leute erreicht, die mit der Kirche bis anhin nichts am Hut hatten.»
Im Erlass von 2011 ist auch die Trauung von Nichtangehörigen der Kirche geregelt. Der Hinweis dazu: «Bei Paaren, bei denen beide nicht Mitglied einer christlichen Kirche sind, sollte auf eine kirchliche Trauung verzichtet werden. Es sei denn, die Brautleute legen glaubwürdig dar, dass es ihnen um einen Gottesdienst und den Segen Gottes geht.»
Klare Sache bei der Taufe
Klarer ist die Inanspruchnahme der kirchlichen Dienstleistung bei der Taufe. Hier besagt Artikel 45 der Kirchenordnung: «Mindestens ein Elternteil und ein Taufpate müssen einer christlichen Kirche angehören.» Wer diese Voraussetzung nicht erfüllt, für das Neugeborene aber doch eine Taufe gewünscht wird, dem kann nicht entsprochen werden. Die Eltern haben die Möglichkeit, der Kirche beizutreten, auf eine Darbringung oder eine spätere Taufe des Kindes im Schulalter, wenn es selbst die Taufe wünscht. Beim Religionsunterricht und den Erlebnisprogrammen soll das Gespräch mit den Eltern gesucht werden. Schwieriger wird es für einen Jugendlichen, der sich gerne konfirmieren lassen möchte, der aber die von ihm geforderten Erlebnisprogramme und den Unterricht nicht besucht hat. Da liegt der letzte Entscheid bei der Kirchenvorsteherschaft.
Und die Kosten?
Das Beanspruchen kirchlicher Dienstleistungen durch Nichtmitglieder kann in Rechnung gestellt werden; auch hier bestimmen die Gemeinden den Tarif. Eine kantonale Gebührenordnung gibt es nicht. Die Beiträge sollen dabei ein Anteil der anfallenden Kosten sein. Für eine kirchliche Abdankung wird im kirchenrätlichen Erlass (GE 22-20) mit einem Beispielbetrag von rund 1200 Franken operiert, was aber nicht den effektiven Kosten entspricht. Landeskirchliche Dienstleistungen sollen gemäss Empfehlung des Kirchenrates nicht an Massstäben von Konsumgütern gemessen und somit nach Katalogpreis verkauft werden dürfen. «Eine Preisliste für Kasualien ist einer Evangelischen Kirche unwürdig.» Solche Grundsätze werden wohl auch in Zukunft beschäftigen. «Dies wäre nicht nötig», so Markus Bernet, «würde jeder das Steuer-
system der Kirche wie das Funktionieren einer Krankenkasse oder Kaskoversicherung beim Auto verstehen. Es gilt die Solidarhaftung – jeder kann Leistungen beziehen, wenn es erforderlich ist.»
Konsumgut zum Katalogpreis?