News aus dem Kanton St. Gallen

«Je wilder umso besser»

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09.08.2019
Rund um die Kirche und das Kirchgemeindehaus Dübendorf wachsen einheimische Pflanzen und leben seltene Insekten. Dafür wurde die Kirchgemeinde mit dem «Grünen Güggel» ausgezeichnet.

Autos schlängeln sich im dichten Feierabendverkehr am Kirchgemeindehaus in Dübendorf vorbei. Kaum etwas am Betonbau weist darauf hin, dass hier mitten in der Zürcher Agglomeration eine ökologische Oase liegt. Hier wachsen verschiedene Wildpflanzen, hier kriechen und fliegen seltene Insekten. Etwa der Ameisenlöwe, der zu den bedrohten Arten gehört. Neben dem Kirchgemeindehaus gräbt das Insekt mit seinen grossen Kieferzangen einen Trichter im sandigen Boden, in dem es seine Beute fängt. Dann spritzt es ihr ganz unchristlich ein lähmendes Gift, verrät das Informationsblatt der Kirchgemeinde.

Mit dem «Grünen Güggel» ausgezeichnet
Dübendorf-Schwerzenbach gehört zu den Kirchgemeinden, welche die Fachstelle «Kirche und Umwelt» für ihr umweltgerechtes Handeln mit dem «Grünen Güggel» ausgezeichnet hat. Die Gemeinde nimmt das «Umweltmanagementsystem», so der Fachausdruck, ernst. Auf dem Dach steht eine Photovoltaikanlage, die Putzmittel und das Papier, selbst das auf den Toiletten, sind ökologisch. An den Veranstaltungen gibt es regionale Produkte, etwa den Apfelsaft vom Bauernhof. Plastikverpackungen werden gesammelt, der Grünabfall kompostiert und den letzten Schöpfungsgottesdienst feierte man mit einem Esel in der Kirche. Selbst die Spielgruppe im Kirchgemeindehaus heisst «s’Bienehüsli».

Herzstück sind die naturnahen Gärten
Herzstück des Engagements sind die Gärten rund um das Kirchgemeindehaus und die Kirche. 2015 pflanzte man am «Chilä-Fäscht» seltene einheimische Pflanzen und beschriftete sie später mit kleinen Holztäfelchen. Heute werden 20 Prozent der Umgebungsfläche naturnah gestaltet.

Kurz vor den Sommerferien blühen Malven, Königskerzen, Rosen und allerlei Blumen und Gräser wild durcheinander. «Die erste Blüte ist vorbei», erzählt Rahel Aschwanden. «Jetzt werden die Samen gesammelt.» Manchmal wunderten sich die Leute beim Anblick der Beete, was habt ihr da für ein «Puff», sagt die Sozialdiakonin. Doch für Aschwanden und Rudolf Meyer, der als Leiter des Hausdienstes die Beete betreut, ist das Natur. «Je wilder umso besser», fügt Aschwanden an. Sie weist auf eine unscheinbare Pflanze, die zwischen den Gittersteinen des Parkplatzes spriesst, den Wiesensalbei. Dessen Wurzeln reichten bis einen Meter in den Boden und förderten die Reinigung des Grundwassers, so Aschwanden.

Lernen mit der Sense mähen
Der «Grüne Güggel» hat die Arbeit von Rudolf Meyer verändert. Beim Kauf von Pflanzen kommen nur einheimische in die Beete. Meyer musste lernen, wie er mit der Sense zweimal im Jahr die hohe Wiese mäht. Doch die Arbeit mache er gerne, versichert er. Sie erweitere seinen Horizont

Das Umweltengagement habe die Kirchgemeinde näher zusammengebracht, stellt Rahel Aschwanden fest. «Das Interesse ist gross, viele Leute, darunter auch kirchenferne, identifizieren sich mit dem Anliegen.» Die Anfragen aus anderen Kirchgemeinden, die sich für die Umweltthematik interessieren, haben in den letzten Jahren zugenommen.

«Manchmal dachte sie», schreibt Pfarrerin Catherine McMillan im Kirchenblatt, «in dieser Gemeinde spreche man mehr über den ‚Grünen Güggel’ als über Jesus Christus.» Inzwischen hat die Pfarrerin erkannt, dass beides zusammengehört: «Gott ist auch Gott der Kleinstlebewesen. Und die künftigen Generationen haben ein Recht auf eine intakte Umwelt.»

Text und Fotos: Tilmann Zuber, kirchenbote-online, 9. August 2019

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