News aus dem Kanton St. Gallen

«Ich bin allen dankbar, die Blut spenden»

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22.03.2022
Als sie von der Narkose erwachte, sah Katharina Rutz die Bluttransfusion. Doch die Freude über die Geburt ihrer Tochter überwog. Dass sie fremdes Blut erhalten hatte, realisierte sie erst wirklich, als sie erfuhr, dass sie nun kein Blut mehr spenden darf.

Bei der Geburt meines zweiten Kindes verlor ich rund zweieinhalb Liter Blut und musste operiert werden. Als ich wieder erwachte, lag ich auf der Intensivstation.

Rund 4,5 bis 6 Liter Blut fliessen durch den Körper eines gesunden Menschen. Wenn nicht mehr ausreichend Blut nachgebildet werden kann, kommt es zu einer Unterversorgung der Organe mit Sauerstoff.

Es tönt jetzt dramatisch, aber das war es nicht. Als ich erwachte, dachte ich als Erstes an mein Kind. Dieses konnte ich zwar noch ganz kurz in den Armen halten, bevor ich operiert wurde. Doch jetzt wollte ich es unbedingt wieder sehen und wissen, wie es ihm geht. Natürlich sah ich auch die Blutkonserven. Ich habe das Bild noch heute vor Augen. In diesem Moment zählte für mich nur das Kind. Was die Blutkonserven bedeuten, wurde mir erst später richtig bewusst.

Eine Bluttranfusion wird normalerweise gut vertragen. In Ausnahmefällen kann es zu einer Abwehrreaktion des Immunsystems gegen das Spenderblut kommen. Was im schlimmsten Fall zu Kreislaufschock, Nierenversagen und Störungen der Blutgerinnung führen kann. Komplikationen einer Bluttransfusion können zudem die Infektionen mit Bakterien oder Viren wie HI-Virus oder Hepatitis-B-Virus sein.

Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob die Gefahren einer Bluttransfusion beim Nachgespräch mit den Ärzten ein Thema waren. Ich weiss noch, dass ich fragte, ob ich in Lebensgefahr gewesen sei. Das war nicht der Fall. Und dann wollte ich wissen, ob ich bei einer allfälligen weiteren Schwangerschaft nochmals mit Komplikationen rechnen müsste.

Das Wochenbett war anders, weil ich aufgrund meines Blutverlustes ein Einzelzimmer erhielt. Das fand ich schön. Ich wollte aufstehen, durfte aber nicht. Ich hatte das Gefühl, dass dies etwas übertriebene Massnahmen waren, da ich mich nicht schlecht fühlte.

Das Pflegepersonal war der Meinung, dass ich sehr stark war, dies alles wegstecken zu können. Aber ich war einfach total happy, meine Tochter Sarah in den Armen halten zu dürfen. Ich hatte zu jenem Zeitpunkt Sarah und unsere 15-monatige Tochter Lilli zu betreuen. Die Gedanken galten dem Alltag – den Blutverlust vergass ich.

Bei einer Standard-Bluttransfusion verändert sich die DNA nicht.

Mein Körper fühlt sich heute nicht anders an als vor der Bluttransfusion. Klar habe ich mich in den letzten Jahren verändert. Aber das führe ich auf die veränderte Familiensituation, die Schwangerschaften, Stillzeiten, die hormonellen Veränderungen, das Älterwerden und die persönliche Entwicklung zurück. 

Blut ist nicht künstlich herstellbar und ist nur kurz haltbar. 700 Blutspenden werden in der Schweiz pro Tag benötigt. Doch nur 2,5 Prozent (200'000) der Schweizerinnen und Schweizer spenden regelmässig Blut. Es braucht regelmässige Blutspender, um die Versorgung gewährleisten zu können. Nicht Blutspenden können Personen, die seit 1980 eine Bluttransfusion erhalten haben. Das ist eine Vorsichtsmassnahme. Der Grund für diesen Ausschluss ist die Möglichkeit der Übertragung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit durch Bluttransfusionen.

Ich bin dankbar für alle, die Blut spenden. Ich fand Blutspenden schon immer eine gute Sache, hatte die Gelegnheit aber nie wahrgenommen. Jetzt wollte ich etwas zurückgeben und ging zum Blutspenden. Dabei erfuhr ich, dass ich nicht Blut spenden und damit auch nicht helfen kann. Das war der bisher schwierigste Moment nach der Bluttransfusion. Ich war richtig enttäuscht.

Aufgezeichnet von Andrea Kobler, Journalistin, Marbach | Foto: zVg – Kirchenbote SG, April 2022

Informationen zur Blutspende: blutspende-sg.ch

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