News aus dem Kanton St. Gallen

Glauben praktisch gelebt

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21.04.2022
Mit dem Grabser Mesmer Remo Hagger hatte Kirchenbote-Autor Rolf Kühni schon mehrere erfreuliche Begegnungen. Grund genug, ihm auf den Zahn zu fühlen und zu erfahren, was ihn in seiner Arbeit so fröhlich macht.

Ich starte mit einer kühnen Behauptung: Remo, dein Beruf entspricht mehr als andere in einer Kirchgemeinde dem Vorbild von Jesus Christus. Bist du einverstanden?
Remo Hagger: Ja, mindestens zum Teil. Es war immer mein Wunsch, meinen Glauben praktisch zu leben und den Menschen zu dienen. Bei vielen alltäglichen Begegnungen gibt es zudem Gespräche, die irgendwie seelsorgerlich sind.

Du hast eine sehr positive Ausstrahlung. Hängt das mit deiner Arbeit zusammen?
Das auch. Doch ich bin sowieso eher ein aufgestellter Typ, der die Menschen gern hat. Gelernt habe ich Fahrradmechaniker. Dann gelangte ich für drei Jahre ins Stadttheater St. Gallen, wo ich Zugang zur Event-Technik erhielt. Damals begann ich, in Grabs die Abendgottesdienste zu betreuen. Wie etwas später die Mesmerstelle frei wurde, habe ich mich eben beworben. Es macht mir einfach Freude, wenn ich den Leuten Freude bereiten kann. Dank der wachsenden technischen Anforderungen gibt es dazu immer mehr Gelegenheiten. Am Ende einer Abdankung geben wir zum Beispiel der Trauerfamilie stets eine CD mit dem Gottesdienst drauf. Das schätzen diese sehr.

Gibt es auch Situationen, die mit Ärger verbunden sind?
Ja, aber fast nie mit unseren «Kunden», sondern eher in der Zusammenarbeit. Etwa wenn ich über Entscheidungen nicht informiert werde oder wenn bei einem Projekt alle möglichen Leute dreinreden. Da entstehen Leerläufe. Zum Glück sind alle in unserem Team bereit, permanent an der Kommunikation zu arbeiten. 

Was gehört neben den sichtbaren Mesmerarbeiten auch zu deinen Aufgaben?
Ich mache etliche Administration im Zusammenhang mit der Raumvermietung. Und wenn ich Zeit habe, arbeite ich gerne an technischen Verbesserungen. Jetzt gerade werden unsere Glocken revidiert und sie funktionieren einige Monate nicht. So nahm ich vorher das Geläute auf und jetzt kann man es via Handy und Lautsprecher in der Abdankungshalle einsetzen. Auch das Livestreaming der Gottesdienste ist mir wichtig. Ich bin froh, dass auch meine Stellvertreterin, Heidi, einen positiven Zugang zur Technik hat.

Die Technik macht dir also Spass. Was tust du weniger gern?
Alles mit der Gartenpflege. Da muss mir Heidi (Heidi Vetsch, Vizemesmerin) manchmal sagen: «Hast du die Blumen dort gesehen? Meinst du nicht, du solltest …?» – Ich bin einfach kein Gärtner.

Auch schon haben mir Mesmer gesagt, sie würden von der Kirchenvorsteherschaft und den Pfarrleuten von oben herab behandelt.
Also wenn nötige Informationen nicht an mich gelangen, dann kann kurzfristig so ein Gefühl entstehen. Doch das geht vorbei. Im Grossen und Ganzen arbeiten wir hier als Team. Nur wenn es um Gottesdienste geht, gibt mir der Pfarrer Anweisungen als Vorgesetzter. Was auch in Ordnung ist. Ich werde wirklich unterstützt und respektiert und die Kirchenvorsteherschaft bringt mir viel Vertrauen entgegen.

Vorteile – Nachteile?
Ich kann meine Zeit selber einteilen. Was aber auch ein Nachteil ist. Da nehme ich mir ein Tagesprogramm vor und dann kommen alle möglichen Unterbrechungen. Mich abzugrenzen fällt mir manchmal schwer, obgleich der Pfarrer mich zum «Mut zur Lücke» ermuntert.

Du hörst viele Predigten. Bist du nicht christlich überfüttert? Und gibt dir deine Tätigkeit das, was du an geistlicher Nahrung benötigst?
Ich wählte diese Stelle, weil mir der Christusglaube wichtig ist. Die Verantwortlichen hier sehen das gleich. Deshalb muss ich nicht sonst irgendwo hingehen. Natürlich würde ich nicht jeden Satz unterschreiben, der in einer Predigt gesagt wird. Doch das ist ja gar nicht nötig.

Welchen Wunsch hast du an deine Mitchristen in Gemeinde und Kirche?
Mehr liebevolle Toleranz: Offenheit für andere Meinungen und Vorstellungen, Interesse für jene, die einige Dinge anders sehen. Manchmal habe ich den Eindruck, etliche Christen seien festgefahren in ihren Positionen.

Interview | Foto: Rolf Kühni, Sargans

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