News aus dem Kanton St. Gallen

Gemeinsam arbeiten und lachen

von Andrea Kobler
min
23.10.2024
Asylsuchende gestalteten zusammen mit Kirchbürgerinnen einen Toggenburger Friedhof neu. Die gemeinsame Arbeit und das gemeinsame Ziel wirkte verbindend.

Der Klosterfriedhof der katholischen Pfarrei St. Johann im Toggenburg hat eine historische Bedeutung. Hier wurden das Findelkind Johannes Seluner sowie drei Soldaten der Armée de l’Est aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 begraben. Seit diesem Sommer ist der Mittelweg zu den Gräbern dank einem besonderen Projekt um eine Geschichte reicher.

Monika Kuratli und Emil Hobi stehen auf dem neugestalteten Mittelweg des Friedhofs der Klosterkirche Neu St. Johann. «Er ist von hoher Bedeutung», sagt der katholische Pfarrer Emil Hobi: «Denn er ist der erste Blickfang, wenn man den Friedhof betritt.» Monika Kuratli, Vizepräsidentin der katholischen Kirchenverwaltung, ergänzt: «Er ist der letzte Weg, den man mit seinen Mitmenschen geht, ob mit Sarg oder Urne.» Die Kirchenverwaltung der Pfarrei Neu St. Johann entschied, den Klosterfriedhof neu zu gestalten. Gestartet wurde mit dem 20 Meter langen und drei Meter breiten Mittelweg.

Sich verständigen mit Händen und Füssen

Regen und Sonnenschein wechselten sich ab. «Wir schwitzten von innen heraus», blickt Monika Kuratli mit einem Schmunzeln zurück auf die Tage im August. Ein Dutzend Menschen hob Pflastersteine aus, säuberte sie mit einem Spachtel vom groben Dreck, spritzte sie mit einem Hochdruckreiniger ab und stapelte sie auf Paletten. Es war eine bunt zusammengewürfelte Truppe: Flüchtlinge aus dem Integrationszentrum Seeben in Ennetbühl, Gärtner vom Johanneum Neu St. Johann, Mitglieder des Kirchenverwaltungsrats, Mesmer Markus Götti sowie Kirchbürgerinnen und Kirchbürger. Die Arbeit war für alle streng und monoton. «Wir wussten, dass wir innerhalb von zwei Tagen fertig werden mussten, hatten also ein klares Ziel vor Augen», erzählt Monika Kuratli. Deshalb sei es auch gut gewesen, dass es am ersten Tag nicht zu heiss war: «Ansonsten hätten wir wohl nie so speditiv gearbeitet.» Das Schöne dabei sei gewesen, dass es keine Sprachbarriere gab, sich die Helfenden untereinander auch mit Händen und Füssen verständigten: «So gab es an diesen beiden Tagen trotz der körperlich harten Arbeit das eine oder andere Witzchen, über das wir lachen konnten.»

Glücklich und müde 

Ursprung für diese gemeinsame Arbeit war der Tag der Migranten, als die Lage in Afghanistan thematisiert wurde und Flüchtlinge von ihren Schicksalsschlägen erzählten. Monika Kuratli schwebte eine weitere Zusammenarbeit vor und sie kam auf die Idee eines gemeinsamen Arbeitseinsatzes.

So konnten Berührungsängste abgebaut werden.

Die Arbeit auf dem Friedhof war kräftezehrend. Zur Stärkung wurde deshalb am Mittelweg ein Grill aufgestellt. Neben Schnitzelbrot und Hamburger gab es zur Motivation zudem hin und wieder ein «Prügeli». Dass man frühmorgens starten, eine kurze Mittagspause macht und am Nachmittag mit Energie weiterarbeiten kann, sei für die jungen Männer eine gute Erfahrung, aber auch eine Herausforderung gewesen. Die Flüchtlinge waren sich an das Lernen in der Schulbank und den Sport gewohnt, aber weniger an die körperliche Arbeit, so Kuratli. Es sei schön gewesen, dass die Arbeiten auch von Kirchbürgerinnen und Kirchbürgern unterstützt wurden: «Somit konnten Berührungsängste abgebaut werden.» Die jungen Afghanen waren schliesslich glücklich und sehr müde. Keine Minute verging auf der Fahrt zum Integrationszentrum Seeben und sie waren eingeschlafen.

«Das wünscht sich kein Mami»

Ein Projekt mit Menschen aus verschiedenen Kulturen kann Monika Kuratli anderen Kirchgemeinden empfehlen. Imponiert habe ihr vor allem, dass die Afghanen ihre Heimat hinter sich liessen und hier alles versuchten, um sich zu integrieren. «Tief bewegte mich, was sie auf der Flucht alles über sich ergehen lassen mussten. So etwas wünscht kein Mami auf der ganzen Welt ihrem Sohn», so Kuratli, die selber Mutter eines Sohnes im Alter der jungen Männer ist. Bald wird sie die Flüchtlinge besuchen und ihnen ein persönliches Geschenk als Dank für die Mitarbeit bei der Neugestaltung des Friedhofs übergeben.

Emil Hobi und Monika Kuratli auf dem neu gestalteten Mittelweg des Friedhofs Neu St. Johann. Foto: zvg

Emil Hobi und Monika Kuratli auf dem neu gestalteten Mittelweg des Friedhofs Neu St. Johann. Foto: zvg

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