News aus dem Kanton St. Gallen

Frische tanken in der Kirche

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25.03.2021
«Und es traten Blinde und Lahme im Tempel zu ihm, und er heilte sie.» (Mt 21,14)

Ich kann Verantwortliche verstehen, die Kirchenräume loswerden wollen. Das Geld reicht nicht mehr für den Unterhalt. Es reicht nicht mehr, weil es im Trend liegt, aus der Kirche auszutreten. Und ja, es gibt tolle Umnutzungsprojekte von Kirchen!

Verkauft ist verkauft

Es gilt aber zu bedenken: Verkauft ist verkauft. Weg ist weg. Weg sind dann die sakralen Räume an Orten, die Ausstrahlungskraft haben. Weg sind die Chancen, Neues entstehen zu lassen, als Kirche, als Gemeinschaft von Menschen, die das Interesse am Göttlichen nicht verloren haben. Die Kirche ist keine Trendsache, keine Modeerscheinung, keine Markthalle für kommerzielle Zwecke. 

Kirchen sind Orte, an denen Menschen neue Kraft tanken können, auf unterschiedliche Weise. Menschen kommen in die Kirche, gerade auch dann, wenn nichts läuft, wenn es ruhig ist. Sie kommen, um zu beten, um im Gebetsbuch ein Anliegen niederzuschreiben oder um eine Kerze anzuzünden, um an eine Person zu denken. 

Menschen lauschen in der Kirche in die Stille hinein, sie hören in Achtsamkeit auf das, was sie bewegt, und lassen sich inspirieren. Eine Frau hat mir gesagt: «Ich komme in die Kirche, um auf Gott zu hören. Wenn ich die Kirche verlasse, bin ich erfrischt.» 

Ein Ort für die Gemeinschaft

Kirche ist aber auch ein Ort der Gemeinschaft und des Austauschs. Unter dem Dach der Kirche hat es Platz für vieles: Singen, Meditieren, Tanzen, Kunst und Kultur, Seelsorge. Die Kirche ist offen für Menschen, die aus den eigenen vier Wänden raus wollen. Sie ist offen für interreligiöse Gespräche, für Gespräche über die Umwelt, die Zukunft, über Neues. Die Kirche ist offen für Jung und Alt. Ja, auch Gottesdienste finden statt. Aber nicht nur die klassischen Gottesdienste sonntagmorgens, auch Taizé-Gottesdienste am Samstagabend, interreligiöse Gebete und andere Feiern. 

Die Kirche ist ein Ort, an dem einem bewusst wird, dass es etwas gibt, das unser kleines Ego übersteigt. Ein Ort für Menschen, die nicht perfekt sind und wissen, dass sie auf die eine Art und Weise blind und lahm sind. Ein Ort, an dem man Gemeinschaft findet, an dem man so angenommen wird, wie man ist. Ein Ort, an dem man heil wird. Heil im Sinne von angenommen sein, ganz sein, frei sein.

Text: Andrea Weinhold, Pfarrerin, St. Gallen | Foto: moni quayle, Pixabay – Kirchenbote SG, April 2021

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