«Eine starke Energie der Liebe»
«Als Jugendlicher hatte ich unzählige Töffunfälle, bei denen ich immer glimpflich davongekommen bin – bis an einem strahlenden Frühlingsmorgen auch mein Schutzengel nichts mehr ausrichten konnte», erinnert sich Katzman, der offen bekennt, dass er damals die Gefahren für sich und seine Umwelt bedenkenlos in Kauf genommen hatte.
«Ich war aus meinem Körper herausgetreten und sah ihn von oben, in der Ferne jedoch ein schwaches Licht.»
Nachdem er in einer Kurve mit überhöhter Geschwindigkeit auf eine stehende Kolonne aufgefahren war, landete er schwerverletzt im Krankenhaus, wo sein Herz während der Operation zu schlagen aufhörte. Erst nach zwei Minuten gelang es den Ärzten, ihn mit einem Elektroschock wiederzubeleben.
Nahtoderfahrung prägt
«In diesen zwei Minuten war ich aus meinem Körper herausgetreten und sah ihn von oben, auf der anderen Seite jedoch in weiter Ferne ein schwaches Licht», schildert der Basler seine Nahtoderfahrung. «Ich realisierte jedoch schnell, dass es kein herkömmliches Licht war, sondern eine starke Energie der Liebe, durch die ich bis heute keine Angst mehr vor dem Sterben habe.» Es war ihm, als habe man ihm zeigen wollen, wie schön es ist, was ihn erwartet, aber auch, wie viel er noch tun muss, um dieses Level zu erreichen. «Ich wurde auf die Erde zurückgeschickt, um lieben zu lernen», ist Katzman überzeugt. «Das Ganze ist jedoch ein mühevoller Prozess, der äonenlang dauert. Keinem Menschen gelingt das in einem einzigen Leben.»
«Ich war irritiert, dass es einen liebenden und einen strafenden Gott geben sollte.»
Der Sänger, der seine Karriere als Popsänger («I’m in Love with my Typewriter») begann, bevor er mit seinem hundertköpfigen Chor über 25 Jahre als «Gospel-Papst der Schweiz» apostrophiert wurde, glaubt jedoch nicht an Reinkarnation im buddhistischen Sinn – aber, dass man als Verstorbener zuerst einmal die Aufgabe erhält, einen Menschen auf seinem Weg zu begleiten. «Nicht als pausbäckiges Engelchen mit zwei Flügeln, sondern als Schutzgeist wie jener, der einst nach mir geschaut hat.» Katzman, der als Kind mit seinen Eltern jeden Sonntag zur Kirche gegangen war, gebeichtet und ministriert hatte, befreite sich bei der Beschäftigung mit seiner Erfahrung von den zahlreichen katholischen Bildern, mit denen er aufgewachsen ist. «Ich war aber schon vorher irritiert, dass es einen liebenden und einen strafenden Gott geben sollte, und verärgert, weil die Religionen statt ihren Gemeinsamkeiten meist das Trennende betonen.»
Tochter stiehlt die Show
Obwohl bekannt ist, dass man andere erst wirklich lieben kann, wenn man sich selbst liebt, fällt dies Reto Borer, wie Katzman mit bürgerlichem Namen heisst, heute noch schwer. «Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch. Wenn ich dann all meine Fehler sehe! Aber sich zu respektieren, ist schon mal ein guter erster Schritt. Und dann sich darauf konzentrieren, worin man gut ist und womit man anderen eine Freude machen kann.»
Bo Katzmans grösstes Talent ist immer noch die Musik. Seine neuesten, stark country-
beeinflussten Alben «Two of a Kind» und «Double Emotion» hat er mit seiner Tochter Ronja (30) aufgenommen. «Bei den Konzerten stiehlt sie mir schon langsam die Show», sagt er lachend. «Dabei ist es mir, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich sie als mein Glücksengelchen bezeichnet habe …»
Text: Reinhold Hönle, Journalist BR, Baden | Foto: zVg – Kirchenbote SG, Dezember 2021
«Eine starke Energie der Liebe»