«Diese Rechnung geht nicht auf»
Herr Egger, weniger Konsum = weniger Klimakatastrophen, einverstanden?
Mike Egger: Schön, wenn es so einfach wäre. Aber diese Rechnung geht so nicht auf. Der Gesamtkonsum und der Gesamtfussabdruck setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen. Zwar sinkt der Konsum pro Kopf und die Effizienz steigt, es gibt aber immer mehr Konsumenten und dadurch sinkt der Gesamtkonsum praktisch nicht. Der CO2-Ausstoss der Bevölkerung in der Schweiz hat sich gemäss Bundesdaten zwischen 1990 und 2021 um 37 Prozent reduziert. Die Sparbemühungen der Bürger wurden aber durch das massive Wachstum der Anzahl Konsumenten, also durch das Bevölkerungswachstum, zunichte gemacht, sodass gesamthaft nur 18 Prozent weniger CO2 ausgestossen wird. Ähnlich verhält es sich mit dem ökologischen Fussabdruck, welcher zwischen 2000 und 2018 pro Kopf um 21,4 Prozent reduziert wurde, insgesamt aber nur um 6,8 Prozent. Es ist also immer relevant, die einzelnen Treiber des Konsums genauer zu betrachten, um die wahren Ursachen der Umweltbelastung zu verstehen.
Die Bevölkerung der Schweiz verursacht laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) jährlich einen Ausstoss von zwölf Tonnen CO2-Äquivalenten pro Kopf – mehr als das Doppelte des weltweiten Durchschnitts. Nachhaltig wären gemäss Bafu 0,6 Tonnen. Eine Beschränkung der Zuwanderung bewirkt da wenig. Mit welchen Massnahmen soll die Schweiz den Treibhausgasausstoss senken?
Die Senkung des Treibhausgasausstosses ist ein laufender Prozess. Das zeigt auch die Entwicklung in den letzten Jahren. Die Treibhausgasemissionen im Landwirtschaftssektor beispielsweise sind zwischen 1990 und 2021 um 15 Prozent gesunken, während die Wohnbevölkerung um fast 30 Prozent gewachsen ist. Zudem konnte die Produktivität der Landwirtschaft erhöht werden, was wichtig fĂĽr die Versorgung der Schweiz mit qualitativ hochstehenden Lebensmitteln ist. Es ist unbestreitbar und in der Logik der Sache, dass das Bevölkerungswachstum einen wesentlichen Einfluss auf die Emissionen hat.Â
In Ihrer Interpellation vom 7.12.2023 kritisieren Sie die «Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung 2050» des Bundes. Viele Massnahmen zielten darauf ab, schreiben Sie, «den individuellen Konsum noch stärker zu ändern bzw. die Effizienz zu steigern». Wie soll denn der Treibhausgasausstoss gesenkt werden ohne Änderung des Konsums und Effizienzsteigerungen?
Auch hier muss der Konsum differenziert betrachtet werden. Der Fleischkonsum ist in der Schweiz bis um 20 Prozent tiefer als in unseren Nachbarstaaten. NatĂĽrlich muss die Effizienz gesteigert werden, aber das wird sie ja bereits.
Wie zum Beispiel?
Die Schweizer Landwirtschaft hat ihre Produktivität gesteigert und das Tierwohl und die Nachhaltigkeit in den letzten 20 Jahren massiv verbessert. Die Biodiversitätsflächen wurden freiwillig und über die gesetzlichen Vorgaben hinaus vergrössert und gleichzeitig konnten der Stromverbrauch sowie die Treibhausgasemissionen deutlich reduziert werden. Zudem haben wir es den Bäuerinnen und Bauern zu verdanken, dass wir in der Schweiz ausgezeichnete Lebensmittel in genügender Menge geniessen dürfen – dies ist nicht selbstverständlich und wäre ohne den täglichen Einsatz der Bauern nicht möglich.
Viele Menschen verzichten in der Fastenzeit auf etwas. Wie halten Sie es damit?
Grundsätzlich finde ich es bemerkenswert, wenn Menschen aus Wertvorstellungen – sei es durch Religion, persönlichen Willen oder sonstige Interessen – sich an strikte Regeln halten. Ich persönlich versuche das ganze Jahr, mich gesund zu ernähren, keine Lebensmittel zu verschwenden und die Umwelt so weit als möglich zu schonen – nicht nur in der Fastenzeit.
«Diese Rechnung geht nicht auf»