Die Teuerung trifft die Ärmsten
Seit über einem Jahr spürt auch die Schweiz die weltweite Inflation. Nach mehr als einem Jahrzehnt Stabilität stiegen die Konsumentenpreise wieder deutlich an. Gemäss dem Bundesamt für Statistik belief sich die Teuerung Ende 2022 auf plus 2,8 Prozent, derzeit liegt sie bei 3,3 Prozent.
Wenn teuerungsbedingt die Preise für Nahrungsmittel und Energie steigen und auch die Krankenkassen für ihre Leistungen mehr berechnen, kann das Haushaltsbudget schnell einmal kippen. Selbst Arbeitnehmende, die einen Teuerungsausgleich erhielten, haben mit der Inflation zu kämpfen.
Die Ärmsten spüren den Druck
Bei einem linearen Teuerungsausgleich von beispielsweise 2 Prozent erhält jemand mit einem Jahreseinkommen von 100’000 Franken zusätzlich 2000 Franken. Beträgt der Lohn 20’000 Franken, sind es gerade noch 400 Franken. Für die Kilowattstunde Strom bezahlen aber alle gleich viel. In der Schweiz geben die ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung 13 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus, Durchschnittsverdienende etwa 6 Prozent.
Kein Wunder, dass die Schlangen vor den Lebensmittelmärkten und -ausgaben der Hilfsorganisationen noch länger werden. Vor allem Menschen mit kleinem Lohn sind dem Preisschub stark ausgesetzt. Doch aktuell kann etwa die Hilfsorganisation «Tischlein deck dich» in der Offenen Kirche Elisabethen in Basel nur wenige Grundnahrungsmittel abgeben. Dies liegt vor allem an den neuen Methoden der Grossverteiler. Diese schreiben die Waren früher ab und verkaufen sie günstiger. Das verhindert zwar Foodwaste, reduziert aber auch die Gratisabgabe an die Hilfsorganisationen.
Der Bedarf ist stark gestiegen
Die «Schweizer Tafel» hat festgestellt, dass gleichzeitig der Bedarf nach Lebensmittelhilfe innert kurzer Zeit stark gestiegen ist. Die Organisation liefert ihre Waren kostenlos an rund 500 soziale Institutionen wie Gassenküchen, Notunterkünfte oder Obdachlosenheime. Im vergangenen Jahr hat sie 6100 Tonnen Lebensmittel und andere Waren vor der Vernichtung gerettet und diese noch einwandfreien Produkte den Bedürftigen zukommen lassen.
«Als wir merkten, dass die ‹Schweizer Tafel› und das ‹Tischlein deck dich› nicht mehr genügend Grundnahrungsmittel zur Verfügung stellen konnten, mussten wir handeln», erklärt Frank Lorenz, Leiter der Offenen Kirche. «Wir suchten und fanden in einer Stiftung und einer Firma Geld- und Nahrungsmittelgeberinnen, um mehr Bedürftige zu versorgen.»
Der Einkauf im regulären Supermarkt sei für viele zu teuer, bestätigt auch Thomas Künzler, Geschäftsleiter der Genossenschaft Caritas-Markt. Immer mehr Menschen würden deshalb in Caritas-Läden einkaufen. Im vergangenen Jahr zählten die Caritas-Märkte über eine Million Verkäufe, 33 Prozent mehr als im Vorjahr. Künzler spricht von einem «traurigen Rekord».
Toni Schürmann, kirchenbote-online
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