News aus dem Kanton St. Gallen

Den Holzsarg braucht’s für die Hitze

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20.10.2022
Das Familienunternehmen Egli Sargproduktion AG in Beromünster ist der grösste und einer der letzten Schweizer Sarghersteller.

Obwohl der Anteil der Erdbestattungen sogar in der katholischen Innerschweiz innert 15 Jahren von etwa 50 auf 10 Prozent abnahm, werden deswegen nicht weniger Särge benötigt als zuvor. Firmenpatron Andreas Egli erklärt: «Die Kremation funktioniert nur, wenn der brennende Holzsarg im Ofen die notwendige zusätzliche Hitze erzeugt.» Da beim Begräbnis vom Sarg nichts mehr zu sehen ist, geben die Hinterbliebenen heutzutage lieber mehr für eine schöne Urne aus und entscheiden sich beim Sarg für günstigere Hölzer und Ausstattungen. Entsprechend sinken die Margen und erhöht sich der Preisdruck.

Rund 28 000 Särge pro Jahr
«Wir haben zuletzt drei Roboter angeschafft. Aber nicht, um einen einzigen unserer 42 Mitarbeiter zu ersetzen, sondern um deren Arbeitsplätze zu sichern, da wir so gegenüber ausländischen Anbietern konkurrenzfähig bleiben», betont Egli, der mit seinem Unternehmen 85 Prozent der rund 28 000 Särge, die es pro Jahr verkauft, selbst herstellt. Einige spezielle Formen, die vor allem in Romandie und Tessin nachgefragt werden, bezieht er von Partnerfirmen in Italien, wo Begräbnisse einen höheren Stellenwert haben. 

«Heutzutage geben die Leute lieber mehr Geld für eine schöne Urne aus.»

Egli legt insbesondere Wert auf Nachhaltigkeit und Ökologie, verwendet nur FSC-zertifiziertes Pappelsperrholz sowie Tanne oder Föhre aus einheimischen Wäldern. «Ausserdem benutzen wir lösungsmittelfreien Lack, konnten im Sommer mithilfe der Solarzellen auf dem Dach drei Monate unseren gesamten Strombedarf decken und haben einen Recycling-
Preis gewonnen.»

Vielfalt der Religionen
Egli, dessen Vater das Familienunternehmen vor 60 Jahren gegründet hat, interessiert sich ausserdem für die Vielfalt der Religionen und für deren Art, mit dem Tod umzugehen, ihn zu betrauern oder zu feiern. Seine persönliche Überzeugung ist, dass das Leben mit dem Tod nicht endet, sondern – wie auch immer – weitergeht. Die Nachfolge im Unternehmen scheint ebenfalls gesichert. Obwohl er seinen Kindern immer gesagt hatte, dass er nicht von ihnen erwarte, dass sie in seine Fussstapfen treten, ist Sohn Janek seit 2021 in der Egli-Sargproduktion und den Egli-Bestattungsunternehmen für Kommunikation und Digitalisierung verantwortlich. «Ich war schon während meines Marketingstudiums immer mit meinem Vater im Austausch, dachte jedoch lange, es wäre nichts für mich, in dieser Branche zu arbeiten», erzählt er. «Inzwischen weiss ich, dass dieser interessante Job vieles aufwiegt, auch wenn einige erst mal zusammenzucken, wenn sie hören, was ich beruflich mache.»

Sein Vater ist begeistert, wie sich Janek eingebracht hat. «Er organisierte schon die ganzen Feierlichkeiten zum Firmenjubiläum, schreibt einen monatlichen Blog und fördert den Teamgeist im Unternehmen, indem er eingeführt hat, dass jeden Montag alle zusammenstehen und über die kommende Woche sprechen.» Respekt hat Egli auch vor der Leistung der Mitarbeitenden der angegliederten Bestattungsunternehmen, die zwar viel Wertschätzung erfahren, aber auch mit Bildern und Schicksalen konfrontiert werden, die sie belasten können. «Wir haben deshalb immer ein offenes Ohr, wenn sie Unterstützung brauchen.»

Streitereien verhindern
Bestatter entlasten und beraten in einem Trauerfall die Hinterbliebenen und wickeln in ihrem Auftrag die Formalitäten ab. Sinnvoll wäre es ausserdem, dass jeder Mensch nicht nur ein Testament verfassen, sondern auch aufschreiben würde, wie und wo er gerne begraben würde oder welche Musik dabei gespielt werden soll. So könnten mit geringem Aufwand viele Streitigkeiten zwischen den Angehörigen verhindert werden, weiss Andreas Egli, und erinnert sich schmunzelnd, dass ein Freund wollte, dass sie seine Asche dort auf dem See verstreuen, wo er seinen grössten Zander gefangen hatte. 

 

Text | Foto: Reinhold Hönle, Journalist BR, Baden  – Kirchenbote SG, Ende Oktober 2022

 

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