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«Da kann ein galiläischer Zimmermann nicht mithalten»

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01.09.2016
Diese Woche startet das Hollywood-Spektakel «Ben Hur» in den Kinos. Wie wird Jesus dargestellt und was gibt der Film theologisch her? Thomas Schüpbach, Pfarrer und Filmexperte, sieht fast keine Theologie, dafür gute Unterhaltung.

Herr Schüpbach, Jesus kommt in Ben Hur mehrere Male vor. Er wirkt eher populär und weichgespült. Wie finden Sie ihn dargestellt?
Jesus hat keine tragende Rolle; seine Auftritte beschränken sich auf ein Minimum, und er darf immer nur ein paar Kernsätze seiner Lehre sagen. Das war aber auch zu erwarten, weil «Ben Hur» schliesslich nicht ein biblischer Film ist, sondern vor allem durch seine Action-Szenen besticht. Da kann ein galiläischer Zimmermann nicht mithalten. Dass Jesus aber sehr menschlich und unaufdringlich ins Bild gerückt wird, verrät etwas von seiner Sanftheit und unterstreicht seine Botschaft von Nächstenliebe und Vergebung.

Der Film erzählt parallel zur Ben Hur-Geschichte in kurzen Sequenzen die Passion Jesu in Jerusalem. Überzeugt diese Darstellung?
Ach ja, da kam ja auch noch die Passion Jesu vor... Scherz beiseite: Wie schon die Person Jesu selbst, wird auch sein Leidensweg bloss nebensächlich dargestellt – sozusagen als Ausschmückung. Das Wenige, das gezeigt wird, ist aber nicht nur ordentliches Filmhandwerk, sondern immerhin auch theologisch durchaus verantwortbar. Doch eben: Es ist wenig; und ebenso wenig lernen darum selbst die Menschen dazu, die die biblische Geschichte nicht oder kaum kennen.

Mit der Parallelerzählung erinnert der Film auch an Monty Pythons «Life of Brian». Welcher Film behagt Ihnen theologisch mehr?
Mir persönlich gefällt «Life of Brian» in seiner Frechheit und Radikalität besser als «Ben Hur», der nie einen solchen Kultstatus wie Monty Pythons Werk erreichen wird. Aber meines Erachtens ist in «Life of Brian» überhaupt keine und in «Ben Hur» nur ganz wenig Theologie enthalten. Somit liegt also letzterer in dieser Hinsicht knapp vorn, obwohl er es nicht vermag, einschneidende theologische Akzente zu setzen. Das ist ja aber auch bei beiden Filmen nicht die Intention: Bei «Life of Brian» geht es um Satire, während bei «Ben Hur» Dramatik und Unterhaltung im Vordergrund stehen. Und diese Kriterien erfüllen jeweils beide Filme auf ihre eigene Art ausgezeichnet.

Die Römer stehen im Film für ein finsteres Imperium. Das Wagenrennen wurde aber in Cinecittà in Rom gedreht. Ein Hinweis darauf, dass Rom nicht nur Schlechtes hervorgebracht hat?
Auf diese amüsante Folgerung wäre ich nicht gekommen! Tatsächlich ist im Zentrum des ehemaligen dunklen Imperiums eine Traumfabrik entstanden, die aber eben gerade das hervorbringt, was ihr Name besagt: Bunte Träume und Fantasien, die mit der Realität zumindest im konkreten Fall von «Ben Hur» nur wenig zu tun haben. Wie schon sein berühmter Vorgänger leistet es sich da auch die aktuelle Version, einige historische Ungenauigkeiten aus der Romanvorlage zu Gunsten einer vorzüglich unterhaltenden Handlung aufzunehmen.

Zum Beispiel?
So waren etwa damals nicht Sklaven, sondern professionelle Ruderer am Werk; und ein Mensch der befehlshabenden Schicht hätte nicht im Circus Maximus Kopf und Kragen riskiert. Aber wer möchte denn schon in «Ben Hur» auf die Seeschlacht und das Wagenrennen verzichten? Das sind die unterhaltsamen Höhepunkte dieses Films – und die wurden in Roms Traumfabrik immerhin herausragend produziert!

Am Karfreitag will Ben Hur dem unter dem Kreuz zusammengebrochenen Jesus Wasser geben. Jesus lehnt ab mit der Begründung: «Es ist mein Wille.» Überzeugt das theologisch?
Ja und Nein. Einerseits stimmt natürlich der Verweis, dass Jesus hier eine Mission zu erfüllen hat und mit seinem ganzen Willen gegen das ihm zugefügte Leiden ankämpft; und Jesus betonte zudem ja auch die Wichtigkeit des lebendigen Wassers, das den inneren Durst bis in alle Ewigkeit löscht.

Aber?
Andererseits war Jesus dem Genuss nicht abgeneigt, machte Wasser zu Wein, liess sich bewirten und genoss Annehmlichkeiten wie etwa eine Salbung. Er war schliesslich nicht nur als Sohn Gottes, sondern immer auch als wahrer und echter Mensch unterwegs und brauchte also auch Nahrung. Verzeihen Sie mir deshalb die daraus resultierende nicht ernst gemeinte Konklusion: Hätte Jesus aus Ben Hurs Becher getrunken, wäre später in der Bibel nicht zu lesen gewesen, dass ihn am Kreuz dürstete.

Die christlichen Werte wie Nächstenliebe oder Vergebung spielen im Film vor allem am Schluss eine wichtige Rolle. Das Ganze wirkt aber reichlich kitschig, einverstanden?
Absolut. Der Film vermag es nicht, in dieser Hinsicht seinen Vorgänger zu übertreffen: Er kann keinem einzigen Charakter Tiefe verleihen und bietet über die ganze Länge nur sehr plakative Botschaften an. Gerade den Hauptprotagonisten mangelt es an Ecken und Kanten. Es ist nicht ersichtlich, welchen innerlichen Prozess sie durchleben, um zu ihren Entscheidungen zu gelangen. Die Stärke des Films liegt dafür in der grossartigen Unterhaltung, die er zwei Stunden lang generiert.

Ben Hur ist bei der Kreuzigung Jesu dabei, geht auf die Knie, verzeiht danach seinem Widersacher. Ist der Jude Ben Hur am Schluss ein Christ geworden?
Zweifellos war Ben Hur beeindruckt von Jesu Bitte am Kreuz, dass Gott denjenigen vergeben solle, die nicht wissen, was sie tun. Weil aber Nächstenliebe und Vergebung in allen Religionen wichtig sind, kann folglich nur spekuliert werden, ob Ben Hur sich dann auch wirklich zum Christentum bekehrt hat. Der Film legt aber natürlich eine solche Folgerung zumindest nahe.

Trailer «Ben Hur»

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

Interview: Matthias Böhni / ref.ch / 1. September 2016

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