«Brrr!» – im Kanal getauft
Sonntagmorgen am Werdenberger Binnenkanal. Berge mit wenig Restschnee und ein wolkenloser Himmel bilden die perfekte Kulisse der Taufe der drei Geschwister Franziska, Katharina und Alexander Mayer. Zuvor hatten sie in der Kirche Salez gemeinsam Gottesdienst gefeiert und Franziska spielte «Hallelujah» auf dem Schwyzerörgeli. Die drei Wasserratten sind nervös. Ihnen ist etwas mulmig.
Oma und Opa, Verwandte, Kolleginnen und Kollegen aus der Schule, Nachbarn und Bekannte sind an diesem besonderen Tag dabei und beobachten sie vom Ufer und von der Brücke aus. Das Wasser im Binnenkanal ist eisig kalt. Die Taufpaten, zuerst etwas überrascht, dass sie selber in den Kanal steigen müssen, geben den Täuflingen aber das nötige Vertrauen und tauchen sie schliesslich ins Wasser. Der sechsjährige Alexander hält sich die Nase zu. Als er wieder auftaucht, lacht er.
Der eigene Wunsch der Kinder
«Jetzt sind wir Teil der Gemeinschaft», sagen Franziska und Katharina. Das wünschten sie sich, seit sie im Religionsunterricht erfahren hatten, dass die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen getauft sind. Besonders schön fanden sie die Erzählung eines Kollegen, dem Sohn von Diakon Ruedi Eggenberger. Er und seine Geschwister waren es, die mit dem Wunsch auf ihren Vater zugingen, sich taufen zu lassen und die ihn fragten, ob er eine Flusstaufe machen würde. Der Diakon, der in der Kirchgemeinde Sennwald für Kinder, Familien und Jugendliche zuständig ist, setzte sich zusammen mit den Kolleginnen aus dem Konvent mit der Flusstaufe auseinander, einer urchristlichen Praxis. «Es war eine kurze Diskussion», erinnert sich Eggenberger, «denn es sprach nichts dagegen.»
Bereits Jesus liess sich vor rund 2000 Jahren von Johannes im Jordan taufen. Dabei musste der Sohn Gottes in den Fluss steigen und ganz untertauchen. Zudem wurde die Flusstaufe in verschiedenen St. Galler Kirchgemeinden immer mal wieder angewandt.
Diakon erlebte überraschung
Ruedi Eggenberger taufte seine Kinder im letzten Jahr im Werdenberger Binnenkanal und öffnete dieses Ritual auch für weitere Interessierte. Dabei erlebte er auch Unerwartetes: «Die einst aus der Kirche ausgetretenen Verwandten eines Täuflings beantragten nach der Taufe den Wiedereintritt in unsere Kirchgemeinde. Das freute mich sehr.» Die Taufe von Franziska, Katharina und Alexander in diesem Frühsommer war für den Diakon deshalb so speziell, weil sie im Gottesdienst berührend sagen konnten, weshalb sie getauft werden möchten und was ihnen die Taufe bedeutet: «Dass Kinder in ihrem Alter sagen, dass sie mit Gott unterwegs sein möchten, war für mich spannend zu hören.»
«Ich wünsche mir, dass Gott mir hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen», schrieb Franziska in ihrem Taufversprechen. Katharina glaubt: «Wenn jeder so leben würde, wie Gott es sagt, wäre die Welt viel friedlicher. Ich will Gott dabei helfen.» Ihre Eltern Melanie und Jürgen wollten ihre Kinder längst taufen. Doch verschoben sie das Vorhaben immer wieder. Heute finden sie es schön, dass die Kinder den Zeitpunkt selber bestimmen konnten. Dass die Taufe in der Natur stattfand, haben sie bewusst gewählt: «Die Natur ist uns sehr wichtig. Der Werdenberger Binnenkanal ist ein schöner Ort für das Taufversprechen. Hier gehen wir spazieren, die Kinder fahren Inline-Skates oder Trottinett. So werden wir auch immer wieder an den unvergesslichen Tag erinnert, der die ganze Verwandtschaft und uns so sehr begeisterte», erzählt Mutter Melanie.
«Brrr!» – im Kanal getauft