News aus dem Kanton St. Gallen
Sommersynode der EKS

BLOG: Christina Aus der Au berichtet aus Olten

von Christina Aus der Au
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19.06.2023
Vom 18. bis 20. Juni trifft sich das Parlament der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) in Olten. Die Thurgauer Kirchenratspräsidentin Christina Aus der Au blickt mit uns hinter die Kulissen.

 

-- Blog vom 20. Juni --

 

Letzter Vormittag - und er beginnt erst um neun, statt um halb neun... Die Synodenpräsidentin Evelyn Borer weiss wohl, dass die gemeinsamen Abende auch wichtig sind für den Austausch. Und lange dauern können.

Mir nützt das leider gar nicht soviel, die Kirchenratspräsidentinnen treffen sich um acht zum Gipfelitreffen. Wir sind eine coole Truppe, die Ladies aus Luzern, Graubünden, Genf, Solothurn, Bern, der Waadt, Appenzell, Zug und dem Thurgau. Und es ist trotz aller Frühe schön, mit diesen Frauen, die mittlerweile Freundinnen geworden sind, in den Tag zu starten.

Nachher gilt es wieder ernst, HEKS, das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz, präsentiert nicht nur seinen Jahres- und Finanzbericht, sondern auch den Bericht zum Dialog mit den Kirchen. Diese waren nämlich besorgt, dass sich nach der Fusion von HEKS und Brot für alle das Hilfswerk von den Kirchen und den kirchlichen Werten wegbewegen könnte. Dazu haben das HEKS und die Kirchen einen partizipativen Prozess begonnen, und es scheint, dass die beiden Partner auf gutem Wege unterwegs sind. Zum Schmunzeln Anlass gab der Wunsch des HEKS-Stiftungsrates, dass seine Mitglieder in einem liturgischen Rahmen durch die EKS gesegnet und gesandt werden mögen. In seiner Antwort lehnte dies der EKS-Rat mit Verweis auf die gesetzliche Regelung ab. Walter Schmid, der Präsident des Stiftungsrates nahm dies augenzwinkernd zur Kenntnis und versprach, dass das HEKS "auch als nicht gesegnetes Hilfswerk seine segensreiche Tätigkeit fortsetzen würde."

Ernster waren die Diskussionen über den Artikel in der NZZ am Sonntag, welcher dem HEKS Pflichtverletzung vorwarf und über die Unterstützung der Klage gegen Holcim. Beides wurde transparent dargelegt - und dass die Positionen zu letzterem dann doch unterschiedlich blieben, spricht für die Eigenständigkeit der Synodalen.

Nach der Verabschiedung des methodistischen Bischofs Stefan Streiff und dem Tätigkeitsbericht von fondia, der Stiftung zur Förderung der Gemeindediakonie, die in den letzten neun Jahren Projekte im Umfang von mehr als neun Millionen Franken gefördert hat, überbringt Samuel Schmid, Chef der Armeeseelsorge, den Gruss und Dank der Schweizer Armee. Er bezieht sich auf den Gedanken von Stefan Streiff: "Wir brauchen nicht besseres Wissen, sondern tiefere Liebe" und erzählt, wo er in jüngster Zeit als Armeeseelsorger gebraucht wurde: beim Überbringen einer Todesnachricht, bei der Unterstützung eines Rekruten in schwierigen Zeiten oder in Gesprächen während eines langen Marsches, in denen Kirche neu aufscheinen kann.

 

Beim anschliessenden Stehlunch tauchen plötzlich ganz viele Uniformierte auf, Männer und Frauen. Die Armeeseelsorger haben die Gelegenheit genutzt und eine erste, gemeinsame Sitzung mit dem Rat der EKS an unsere Synode angehängt. Und wir können nun beim Mittagessen einige von ihnen kennenlernen. Ich treffe Jan Flütsch, den Pfarrer aus Bussnang, und frage ihn gleich über seine Erfahrungen aus. Und erst dann realisiere ich, dass ich nicht nur einige andere Armeeseelsorger noch aus dem Studium kenne, sondern auch Samuel Schmid, den Chef der Truppe. Was für ein schönes Wiedersehen!

Dann ist eigentlich die Synode zu Ende - aber zusammen mit vier anderen Kolleginnen und Kollegen sitzen wir gleich weiter. Wir sind nämlich in der Kommission zur Erarbeitung einer EKS Gesprächssynode. Da habe ich ja noch gute Erinnerungen an die unsrige, und so sind wir schnell in einem spannenden Austausch über Themen und Formen. Im Sommer 2025 soll sie angesetzt werden, und bis dahin gibt es noch einiges zu tun. Wir einigen uns soweit, dass wir die nächsten Schritte planen können. Das ist nicht ganz einfach, weil wir alle mit Leidenschaft unsere Lieblingsthemen verfechten, aber zwei Stunden später sind auch wir so weit, dass Martina Tapernoux, Kirchenratspräsidentin aus den beiden Appenzell, und ich wissen, was wir nun zur Vorbereitung auf die nächste Sitzung zu tun haben.

Dann schlendern wir zum Bahnhof, die einen in den Zug nach Hause, ich habe noch eine letzte Sitzung beim Diakoniewerk Neumünster, in dessen Stiftungsrat ich seit neustem bin. Dort diskutieren wir Corporate Design und Logo - und dann werfe ich mich in einen Sitz der Forchbahn und lasse mich über Stadelhofen und Winterthur wieder nach Frauenfeld bringen.

Um halb elf bin ich wieder zuhause. Es war intensiv und spannend. Und es ist gut, dass wir gemeinsam Kirche gestalten, gerade auch auf nationaler Ebene. Ich bin wieder einmal eingetaucht in andere Welten, diejenige der Zürcher, der Appenzellerinnen, der Schaffhauser - und nicht zuletzt der Waadtländer und der Genferinnen. Alle zusammen sind wir Kirche, mit einerseits ähnlichen Herausforderungen und doch auch in unterschiedlichen Situationen. Wir lernen voneinander, unterstützen einander, ärgern einander und freuen uns aneinander. Danke Euch, Ihr Lieben

 

-- Blog vom 19. Juni --

 

Ich gestehe, ich schwänze grad die Stadtführung. Das tut mir sehr leid, die Solothurner haben sich bestimmt wunderbare Dinge überlegt, und ich hoffe jetzt einfach, dass meine Kolleginnen und Kollegen dieses Angebot zahlreich wahrnehmen. Aber heute Abend sind wir zunächst zum Apéro in den Klostergarten geladen und anschliessend zum Abendessen im Konzertsaal des Stadttheaters... Das könnte auch spät werden.

So nutze ich die Gelegenheit und ziehe mich mit meinen Notizen ins Hotelzimmer zurück. Haru Vetsch hat nämlich in weiser Vorausschau schon gleich nach der letzten Synode für uns Zimmer im Tagungshotel bestellt, und die waren dann sehr schnell ausgebucht.

Spannende Themen auch heute wieder. Wie umgehen mit der Tatsache, dass der Patriarch von Moskau den russischen Angriffskrieg christlich verbrämt? Kante zeigen und ihn aus der ökumenischen Kirchengemeinschaft ausschliessen? Oder immer wieder das Gespräch suchen? 

Wieviel nationale Koordinationsstellenprozente braucht es in der Frage der Seelsorge im Gesundheitswesen? Liegt unsere Stärke in der Vielfalt und den konkreten Beziehungen vor Ort oder in der ökumenischen Bündelung unserer Kräfte? Mancher hat dann auch Magengrummeln, weil wir hier "ein Ruderboot bestellt, aber einen Tanker bekommen haben". Deutlich wird, dass Partizipation "ein Teil unserer reformierten DNA ist".

 

Gemeinsames Singen.
Synode mit der dreiköpfigen Thurgauer Fraktion vorne rechts.
Rita Famos, Präsidentin des Rats der EKS.


Die Synode ist fast so aktiv wie die Thurgauer und hat auch konkrete Nachfragen zum Rechenschaftsbericht. Wie differenziert und kompliziert dürfen, aber auch müssen die Positionspapiere und Blogs der EKS sein? Wie ist das mit dem Verbot der Konversionstherapie, fallen da Seelsorge und Gebet auch drunter? Und ich bin beeindruckt, wie präsent und detailliert informiert die Synodalen sind.

Dafür wird die Jahresrechnung ohne grosse Diskussion einstimmig genehmigt. Nach der Kaffeepause überbringt Ralph Friedländer, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, ein Grusswort und dankt für die wichtige und gute Zusammenarbeit im Bewusstsein des gemeinsamen Erbes und der gemeinsamen Verheissung.

Und dann stürzen wir uns in die Workshops zu den Themen Berufe und Bildung, Schöpfungsverantwortung und Kommunikation. Es ist ein erster Austausch, noch nichts öffentlichkeitstauglich, aber schon sehr intensiv und konkret.

Punkt 17.00 ist Schluss, dann geht's in die Stadtführungen, die ich ja eben... siehe oben.

Eine Stunde später treffen wir uns im Garten des Kapuzinerklosters zum Apéro - und ich entdecke, dass ich den Oltener Stadtpfarrer, Uwe Kaiser, ja aus alten Zeiten her kenne. Er ist nämlich von Hause aus Bischofszeller und lässt sein altes Zuhause grüssen.

Znacht gibt es im Stadttheater, dazu Grussworte von allen möglichen Politikern und -innen. Spannend wird es, als uns Peter Stolz einen Werbefilm zum Fenster zum Sonntag vorführt. Nicht so sehr wegen des Films als vielmehr wegen der Gespräche, die nachher geführt werden. Wie gehen wir mit Frömmigkeiten um, die nicht die unseren sind? Was hat alles Platz in der Landeskirche? Ist es wirklich dieser Stil, der junge Erwachsene anzieht? Was bedeutet das für uns? 

Die Diskussionen nehmen wir mit auf die Terrasse der Musikbar von Alex Capus, einem der vielen berühmten Oltenern. Und dort sitzen wir noch lange gemütlich und gemischt zusammen, die eher Evangelikalen und die eher Liberalen, die Alten und die Jungen, die Welschen (trinken Cocktails) und die Deutschschweizer (trinken Bier). Aber anstossen, das machen wir gemeinsam. Das ist auch Kirche.

Einsetzungsgottesdienst mit dem Oltener Stadtpfarrer Uwe Kaiser.
Einsetzungsgottesdienst.
Austausch an der Bar.

 

 

 

-- Blog vom 18. Juni --

 

Vom Nürnberger Kirchentag über die Studientage von Glaube und Gesellschaft in Fribourg mit dem Thema Hoffnung nach Olten an die Synode der Evangelischen Kirchen Schweiz. Ich freue mich auf den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Kantonen. Und natürlich auch darauf zu hören und zu diskutieren, was auf gesamtschweizerischer Ebene ansteht.

Zunächst verliere ich mich einmal ganz wörtlich... Ich stehe am Bahnhof und weiss nicht mehr links noch rechts. Neben mir Jean-Eric Bertholet vom Schweizerischen-reformierten Pfarrverein... Zu zweit irrt sich's besser. Kurz vor der letzten falschen Abzweigung kommt Hilfe, und so finden wir das Hotel Arte, in welchem wir die nächsten beiden Tage verbringen sollen.

Im Saal sind die Plätze schon angeschrieben, wir Thurgauer sitzen zuvorderst, weil Haru Vetsch als Stimmenzähler amtiert. Neben mir Urs Steiger - neben und hinter uns die Appenzeller und St. Galler und Zürcher und Schaffhauser, bzw. die -innen, aber insgesamt ist es eher männerlastig. Jeder Kanton hat abhängig von der Mitgliederzahl 1 (Uri) bis 9 (Zürich) Synodale, und heute sind es 66 Stimmberechtigte plus Gäste aus unterschiedlichen Vereinen und Verbänden.

Der EKS-Rat sitzt erstmals in neuer Zusammensetzung vorne, neben Ruth Pfister (TG), Pierre-Philippe Blaser (FR) und Claudia Haslebacher (EMK) sind nun neu auch Philippe Kneubühler (BEJUSO), Catherine Berger (AG) und Lillian Bachmann (LU) dabei.

 

EKS-Rat. (Bilder: Christina Aus der Au)
Stimmkarte.
Synodale.


Die ersten Geschäfte sind unkontrovers, Wahlen in die Geschäftsprüfungskommission (GPK) und in die Kommission der Gesprächssynode - da bin ich auch dabei, und wir werden am Dienstag im Anschluss an die Synode noch zusammensitzen und hoffentlich eine ebenso spannende EKS-Gesprächssynode planen, wie wir damals im Thurgau hatten. 

Nun kommt das Wort der Präsidentin Rita Famos. Sie erzählt von guten und berührenden Begegnungen im In- und Ausland, Solarpanels auf Schuldächern im Libanon und Stolpersteine in Bern als Erinnerung an Judenverfolgungen auch in der Schweiz. 

Der Rat berichtet von neuen Projekten, auch die EKS bloggt neuerdings, und das "nicht nur, weil wir modern sein wollen, sondern weil uns das auch im Denken weiterbringt". Hoffen wir doch, dass es das hier auch tut.

Noch einmal ein Rückblick auf die ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe, die beruhigende Feststellung der GPK, dass alles im Rahmen des Budgets geblieben ist und die etwas beleidigte Feststellung, dass die säkulare Schweizer Presse diesen Megaevent fast gänzlich ignoriert habe. 

Nach einem schönen Gottesdienst in der Friedenskirche mit einem mitreissenden Gospelchor aus Trimbach verteilen sich die Synodalen auf die beiden Restaurants, die uns von den Einheimischen empfohlen werden. Ich sitze mit den Ostschweizern zusammen, und wir schmausen tatsächlich sehr lecker. Und tauschen Erfahrungen und Müsterchen, lachen und denken und geniessen den Austausch und das Beisammensein. Morgen gehts weiter - dann wirds früh genug wieder ernst

 

-- Einstieg --

 

Die Synode ist die Legislative der EKS – vereinfacht gesagt also das Parlament. Sie ist das oberste Organ und beschliesst die Grundsätze der EKS, unter anderem indem sie die Handlungsfelder bestimmt und der Exekutive – dem Rat – Aufträge erteilt. Die 80 Synodalen treffen sich zweimal pro Jahr, im Sommer und im Herbst. Die Sommersynode 2023 in Olten dauert vom Sonntag, 18. Juni bis Dienstag, 20. Juni. 

 

Christina Aus der Au

Christina Aus der Au

 

Die 56-Jährige ist Theologin und Kirchenratspräsidentin der Evangelischen Landeskirche Thurgau. In der EKS-Synode vertritt sie den Thurgau zusammen mit Urs Steiger und Pfarrer Haru Vetsch.

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