News aus dem Kanton St. Gallen

Besser ausnützen, Brachen umnutzen

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27.08.2016
Verdichtetes Bauen heisst das Gebot der Stunde, statt mit dem Vokabular aus dem Tierreich – dem Dichtestress – den Untergang der Schweiz zu beschwören.

Die Spitzenhörnchen stehen den Primaten sehr nahe. Und diese Tupajas, wie sie in Südostasien heissen, erlangten 1976 grosse Berühmtheit, als der Biologe und Kybernetiker Frederic Vester in einer TV-Sendung zum Thema Stress mit den Tupajas seine ökologische Apokalyptik
illustrierte: Dichtestress. In der Biologie beschreibt er einen extremen Anspannungszustand in Tierpopulationen. Der Stress schädigt die Tiere so stark, dass einige gar daran sterben. Der Auftritt der Tupajas war kurz, die Wirkung der Sendung nicht, auch wenn der Ausdruck Dichtestress vorerst wieder in der Versenkung verschwand. 

Politische Verwendung

Vor rund zwei Jahren spülte es den Begriff wieder an die Oberfläche, wenn auch in einem andern Kontext. Politische Parteien griffen in die Kiste der biologischen Argumente, stülpten den Dichtestress über die Bevölkerung, dem Erstickungstode gleich. Die Homepage www.dichtestress.ch erschien, Gralshüter der deutschen Sprache ernannten den Dichtestress zum «Schweizer Unwort des Jahres 2014». Die deutsche Zeitung «Zeit» spottete über sein kleines südliches Nachbarland und sein Problem der Enge. Und Autor Thomas Hämmerli publizierte zeitgleich sein ironisches Werk «Der Zug ist voll».

Ruhe kehrt ein

Nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative war das Wort «Dichtestress» wie von Geisterhand weggewischt. Geblieben ist indes die Tatsache, dass die Schweizer Wohnbevölkerung in den vergangenen 15 Jahren um 1,1 Millionen Menschen angestiegen ist und pro Einwohner eine immer grössere Fläche beansprucht wird, wovon ein Grossteil allein fürs Wohnen und ein Drittel für Verkehrsflächen. 

«In der Biologie beschreibt der Dichtestress einen extremen Anspannungszustand in Tierpopulationen, der zum Tode führen kann.»

Wer sich übrigens auf www.dichtestress.ch einwählt, gelangt nun plötzlich auf www.zersiedelung-stoppen.ch. Bis am 21. Oktober 2016 läuft die Sammelfrist dieses Volksbegehrens. Die Bundesverfassung soll dahingehend geändert werden, dass Bund, Kantone und Gemeinden für günstige Rahmenbedingungen für nachhaltige Formen des Wohnens und Arbeitens in kleinräumigen Strukturen mit hoher Lebensqualität und kurzen Verkehrswegen (nachhaltige Quartiere) sorgen. Angestrebt wird eine Siedlungsentwicklung nach innen. Das revidierte Raumplanungsgesetz 2012 kommt dem entgegen. 

Verdichtetes Bauen

«Verdichtetes Bauen» ist nun das Gebot der Stunde. Einfach mit den Bauten in die Höhe zu schnellen und den Grenzabstand massiv zu verkleinern, sind aber keine Allerheilmittel. Besser ausnützen, Brachen umnutzen, Lücken füllen, Gebäude erhalten,erneuern oder ersetzen könnten Wege sein, dem Verschleiss an Boden entgegenzutreten. Das Raumkonzept des Kantons St.Gallen spricht diese Punkte an. Dazu braucht es aber ein Gegenüber, das gewillt ist zu denken – umzudenken und zu handeln. Damit wäre nicht nur dem Menschen, sondern auch den Tieren Genüge getan.

 

Text | Foto: Katharina Meier – Kirchenbote SG, September 2016

 

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