News aus dem Kanton St. Gallen

«Auffahrt, was heisst das?»

von Pfarrer Andrea Rhyner-Funk
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08.05.2024
So habe ich Leute aus meinem Bekanntenkreis gefragt. «Da mached mir d’Brugg!» Zuerst habe ich über diese Antwort gestutzt und nachdem mein Gegenüber dies bemerkt hatte, erklärte er mir, dass der Auffahrtstag «die Brücke» zu einem verlängerten Wochenende bedeute, also freie Tage…

Wie ist das eigentlich mit Auffahrt? Was bedeutet das Geschehen für mich? Das Bild von der «Brücke» geht mir nicht aus dem Kopf und ich lese über Auffahrt im Lukasevangelium, im 24. Kapitel, die Verse 50–51: «Jesus führte die Jünger aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.»

Mit ganz einfachen Worten und mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit wird hier die Auffahrt Christi beschrieben. Und es kommt mir ein Altarbild aus dem Mittelalter in den Sinn, wo die Jünger auf einem grünen Hügel stehen und am oberen Bildrand ein Wolke zu sehen ist, wo die Füsse des Aufgefahrenen gerade noch herausragen. Ist das jetzt Auffahrt?

Es geht nicht um das «Wie» der Himmelfahrt

Ich denke, dass der Evangelist Lukas nicht so gelesen werden will, dass Jesus wie ein «Senkrechtstarter gen Himmel» fährt. Dem Evangelisten Lukas geht es nicht um das «Wie» – um einen naturwissenschaftlichen, historisch beweisbaren Bericht – sondern er beschreibt in den damals üblichen Vorstellungen und Bildern ein Geschehen, das Antwort darauf gibt, wer der Massgebende ist, was letztlich im Leben gilt.

Seine Geschichte sagt uns: Ganz oben, im Himmel bei Gott ist nun der, den die Menschen verachtet und verraten haben (Karfreitag). Jesus Christus, der ganz unten war, er, der Allerletzte, ist jetzt mit der Auferstehung (an Ostern) und seiner Auffahrt ganz oben, der Erste.

Auffahrt ist der Anfang und nicht das Ende

Diese Verwandlung, dieser «Brückenschlag» und diese Umkehrung aller Verhältnisse drückt diese Geschichte aus und ist der Grund, warum die Jüngerinnen und Jünger freudig nach Jerusalem zurückgehen konnten. Denn: Ihre Furcht und Trauer verwandelt sich in Freude, ihre Verwirrung weicht der Gewissheit. Und dieses Geschehen sagt uns noch vielmehr: Auffahrt ist nicht das Ende, sondern der Anfang.

Die Auffahrt, das «Oben-Sein», der «Erste–Sein» heisst nicht, Jesus ist jetzt im Himmel und weg von der Erde. Nein, mit dem Bild des Oben-Seins wird ein Herrschaftsverhältnis ausgedrückt, welche die ganze Welt umfasst und jetzt anfängt. In diesem Anfang geschieht es, dass Jesus Christus sich nicht von der Welt abwendet, sondern sich ihr ganz zuwendet.

An Auffahrt haben wir frei – und sind frei

Auffahrt ist somit nicht die Ferne Gottes, sondern Nähe. Gott, in Jesus Christus ist uns viel näher als wir selbst uns jemals nahe sein können. Statt einer Beschränkung auf den Himmel verspricht uns Jesus durch sein Segnen eine unbeschränkte Beziehung zu allem, das heisst, dass seine Macht überall gegenwärtig ist.

Mit diesem Segnen verheisst er seine verlässliche Nähe und dieser Segen geht weiter, auch wenn es das Letzte ist, was die Jüngerinnen und Jünger von ihm beim Abschied bekommen. Mit diesem Segen schlägt er die Brücke auch zu uns heute. Jesus Christus ist selbst die Brücke für uns. Durch sein Leben, durch seinen Tod und die Auferstehung hat er für uns die Brück gemacht – deshalb sind wir frei und haben wir an Auffahrt frei!

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Die Werdenbergerin Marilene Hess ist eine Pfarrerin mit Herz. Sie nennt sich selbst «Störpfarrerin» und war schon in vielen Kirchgemeinden tätig – zuletzt in Arbon (TG). Das Schreiben gehört zu ihren Leidenschaften.