News aus dem Kanton St. Gallen

An der Seite von Asylsuchenden

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01.01.2016
ESCHENBACH SG. Die steigenden Zahlen von Asylsuchenden stellen auch die Gemeinden im Linthgebiet vor eine grosse Herausforderung. Eschenbach geht mit ihrer Freiwilligenarbeit neue Wege.

«Wenn die Kirche nichts für die Asylsuchenden macht – wer denn sonst», sagt Thomas Ott. Der Sozialdiakon hat für seine Arbeit mit Flüchtlingen eigens Stellenprozente zugesprochen bekommen. Er arbeitet in der Evangelischen Kirchgemeinde Uznach und Umgebung und ist Asylkoordinator des Solidaritätsnetzes Ostschweiz in der Linthebene. Er arbeitet zusammen mit rund 30 Freiwilligen und betreut und begleitet die Asylsuchenden in Eschenbach und zehn Aussendörfern. Denn Eschenbach gehört zu den wenigen Gemeinden im Linthgebiet, welche das Thema Asylsuchende selber angeht, nicht an Unternehmen ausgliedert.

Ott ist froh darüber, denn er sieht in seiner Arbeit, dass vor allem Verstand, Vernunft und Herz verlangt werden, wenn es um Menschen geht, die eine neue Heimat suchen. Bei ihm laufen die Fäden der im Flüchtlings­wesen selbständig arbeitenden Freiwilligen aus dem gesamten Linthgebiet zusammen.


Menschlichkeit ist gefragt

Aus dem Organigramm der Asylbetreuung Eschenbach geht hervor, dass das Sozialamt der Gemeinde hauptsächlich für die rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Asylsuchenden zuständig ist. Hat also ein Asylsuchender eine Frage im Bezug auf seine Versicherung oder eine Kostengutsprache für einen Arztbesuch, erhält er Auskunft beim Sozialamt. Muss er jedoch dringend zum Arzt, weil er erkrankt ist, so kann er das selbständig tun, denn die Krankenkassenkarte ist in seinem persönlichen Besitz.

«Auch hier unterscheidet sich unsere Arbeit von gewinnorientierten Unternehmen», so Ott. Die Asylsuchenden in Eschenbach haben fast rund um die Uhr eine Ansprechperson, welche auch zur Eigenverantwortung motivieren kann.

Um noch besser organisiert zu sein, wird ab 1. Januar 2016 eine Asylkommission zusammengestellt. Darin sind Mitglieder aus Gemeinderat, Sozialamt, Schulen, Kirchen und Freiwilligen vertreten. Diese widmet sich unter der Leitung des Gemeindepräsidenten den Themen Schule, Arbeit, Bildung, Unterkunft, Kleidung, Gesundheit, Heime, Recht und Seelsorge.

In einer sogenannten Spurgruppe werden zusätzlich Freiwillige aktiv sein. «Diese organisieren gemeinsame Aktivitäten und Integrationsanlässe», erklärt Thomas Ott. Dabei könnte er sich gut vorstellen, dass gemeinsam gekocht oder Sport getrieben wird. «Die Liste von Aktivitäten ist endlos lange», sagt der engagierte Sozialdiakon.


Überleben in der Arche
Thomas Ott ist jede Woche in Eschenbach in der Arche anzutreffen. «Die Arche ist unser Asylzentrum und damit das Zuhause für viele Asylsuchende», erklärt Ott. Ihm gefällt der Name Arche, denn sie symbolisiert das Überleben. «Auch Noah war auf der Flucht und überlebte dank der Arche.»

Dort hat der Sozialdiakon zusammen mit den Freiwilligen ein offenes Ohr für die Sorgen und Wünsche der Asylsuchenden. Dort hört er auch zu, wenn die bewegenden Geschichten der Flucht erzählt werden. Stark in Erinnerung ist ihm die Geschichte jenes Mannes aus Afghanistan geblieben, der über die Balkanroute in die Schweiz kam. «Er schaffte den gesamten Weg hängend unter Lastwagen. Wurde zweimal erwischt und wieder zurückgeschickt. Beim dritten Mal schaffte er es.»
Durch die viele Zeit, die er mit den Hilfesuchenden verbringt, entsteht auch Nähe, entstehen Freundschaften. «Aber immer im Wissen, dass es wieder auseinandergeht.»

Ott begleitet die Leute nach einem Negativ-Entscheid auch nach St.Gallen.

Schmerzhaft sind für ihn jeweils die Negativ-Entscheide. Was nichts anderes heisst, als dass Menschen ausgewiesen werden oder in ein NEE-Zentrum nach Mels oder Seeben, am Fusse des Säntis, geschickt werden. Ott erklärt: «Diese Zentren sind für jene Asylsuchenden, welche
einen Nicht-Eintretens-Entscheid erhalten, aber nicht zurückgeführt werden können, weil es die Situation in ihrem Heimatland nicht zulässt.»
Ott begleitet die Leute nach einem Negativ-Entscheid auch nach St.Gallen. Der Entscheid wurde zwar bereits im Voraus schriftlich mitgeteilt, in St.Gallen werden aber noch zusätzlich die Konsequenzen erklärt. «Da organisiere ich mir jeweils eine Vollmacht, damit ich beim Gespräch dabei sein kann.»

Freiwilligenarbeit ist wichtig
«Ohne Freiwilligenarbeit geht gar nichts», ist Thomas Ott überzeugt. So weiss er denn auch den unermüdlichen Einsatz seiner Leute sehr zu schätzen. Allen voran lobt er Brigitte Bucher, die seit Jahren die Leute in der Arche betreut. Sie ist immer vor Ort, kennt die Geschichten und sorgt für das Wohl der Bewohner. Bei Bedarf geht sie mit den Leuten auf das Sozialamt, hilft, wenn jemand in eine eigene Wohnung ziehen kann, oder ist dafür besorgt, dass in der Arche Ordnung herrscht.

«Da braucht es ab und zu auch ganz klare Weisungen», so Ott. Wenn es angebracht ist, kann auch der friedliche und grosszügige Thomas Ott die Stimme erheben und Klartext reden.

Text: Gabi Heussi, Weesen | Bilder: ZVg  – Kirchenebote SG, Dezember 2015

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