Agrarindustrie nicht einfach verteufeln
Das Bildungs- und Beratungszentrum (BBZ) Arenenberg strahlt mit seinem Aus- und Weiterbildungsangebot und seiner Beratung für die Landwirtschaft in den ganzen Kanton und darüber hinaus aus. Direktor Martin Huber beschäftigt sich tagtäglich mit dem Spannungsfeld, sowohl marktorientiert und profitabel als auch umweltschonend zu produzieren. Seit Anfang Jahr wird der BBZ-eigene Gutsbetrieb biologisch bewirtschaftet.
Praktisch umsetzen
Zwar wird das Fachwissen des Arenenbergs nicht in andere Weltregionen exportiert. Trotzdem aber setzt das BBZ das Anliegen der ökumenischen Sensibilisierungskampagne der christlichen Hilfswerke Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein ganz praktisch um, erklärt Huber: Es gehe darum, die kleingewerblichen Strukturen der Landwirtschaft zu stärken – zum Beispiel mit Selbsthilfeorganisationen oder landwirtschaftlichen Genossenschaften. Denn: «Funktionierende Familienbetriebe sind ein ernsthafter Wirtschaftsfaktor.» Damit nimmt er Inhalte der Kampagne auf, die bemängelt, dass Bäuerinnen und Bauern in vielen Regionen der Welt in der Konkurrenz zu globalen Saatgutkonzernen oft unterlegen seien.
Traditionell und regional
Wie es in einer Medienmitteilung der Kampagne heisst, reisse die Agrarindustrie die Produktion und den Handel an sich. Lokale Bauern in Entwicklungsländern gerieten immer mehr unter Druck und könnten nicht mehr mit ihrem traditionellen Wissen und regionalen Saatgut arbeiten. Weiter heisst es: «Lokale, traditionelle Sorten sichern die Ernährung und sind wichtig, um der Klimakrise zu begegnen.» Aus biblischer Sicht sei Saatgut ein Geschenk Gottes. Deshalb gelte es, dazu Sorge zu tragen. Huber kennt als ehemaliger Präsident der evangelischen Kirchgemeinde Langrickenbach-Birwinken diese Argumentation und ergänzt pragmatisch aufgrund seiner Lebens- und Berufserfahrung: «Saatgut ist eine Lebensgrundlage, die wir hüten müssen. Es soll in den Händen von Menschen sein, die etwas Gutes daraus machen.» Deshalb wolle sein Unternehmen im Thurgau mit gutem Beispiel und Beratung vorangehen. Andererseits sei es sicher wichtig, Entwicklungsländern zu helfen, dass diese Lebensgrundlage erhalten bleibt.
Nicht einfach verteufeln
Hobbygärtner und Konsumentinnen stünden gleichermassen in der Verantwortung – zum Beispiel mit ihrem konsequenten Lebensstil oder ihren Spenden für die Entwicklungszusammenarbeit. Indes differenziert er: «Auch alte und regionale Saatgutsorten sind anfällig. Es gab immer wieder Missernten. Die moderne Produktion hat auch Ertragssicherheit und Produktqualität gebracht.» Die Agrarindustrie könne nicht einfach verteufelt werden. Er sei jedoch zuversichtlich, dass zukunftssichernde Lösungen gefunden werden können, denn: «Die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion sind Wirtschaftszweige, die einen Reiz für langfristig denkende Investoren haben.»
Text | Foto: Roman Salzmann, Redaktor Kirchenbote des Kantons Thurgau
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